matola2_Per-Anders PetterssonGetty Images_malawi cooking Per-Anders Pettersson/Getty Images

Elektrifizierung und sauberes Kochen gehen Hand in Hand

LILONGWE – Fast ein Drittel der Weltbevölkerung – also 2,4 Milliarden Menschen - kocht mit fester Biomasse als Brennstoff und das mit verheerenden Folgen für Gesundheit und Umwelt. Weltweit werden die jährlichen Kosten für Produktivitätsverluste und Klimaschäden aufgrund der verwendeten traditionellen Brennstoffe und der damit verbundenen Gesundheitsprobleme auf 2,4 Billionen Dollar geschätzt. Da aber 733 Millionen Menschen noch immer keinen Zugang zu irgendeiner Art von Elektrizität haben, sind Brennstoffe aus Biomasse oftmals ihre einzige Option.  

Das müsste nicht sein. Die Förderung des sauberen Kochens sowie die Überbrückung der Lücke beim Zugang zu Elektrizität bilden die zwei Hauptaspekte des siebten Ziels der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung, in dem der „Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle“ bis 2030 gefordert wird. Allerdings werden die erwähnten beiden Säulen des Energiezugangs in der Regel als separate Themen behandelt, und das spiegelt sich auch in den ungleich hohen Investitionen wider, die in die beiden Bereiche fließen. Sauberes Kochen und Elektrifizierung ziehen jeweils eine andere Gruppe von Stakeholdern an, die dann separate Strategien zur Schließung der jeweiligen Lücke entwickeln.

Doch es handelt sich dabei keineswegs um getrennt zu behandelnde Themen. Verfügen die Menschen über ausreichend Strom (vorzugsweise aus erneuerbaren Energiequellen), können sie die im globalen Norden bereits weit verbreiteten Kochtechnologien (Kochen mit Strom) nutzen. Den Zugang zu Elektrizität und sauberen Kochmöglichkeiten zu gewährleisten, würde einen großen Beitrag dazu leisten, dem globalen Süden bei der Bewältigung seiner Herausforderungen in den Bereichen Energie, Klima und Entwicklung zu helfen.

Insbesondere aufgrund fehlender Energieinfrastruktur (sowohl netzgebunden als auch netzunabhängig) haben sich Elektroherde und elektrische Kochgeräte in den Entwicklungsländern nicht in nennenswertem Maße durchgesetzt. Da die Entwicklungsländer und deren Partner aber versuchen, die nationalen Elektrizitätssysteme auszubauen und zu sanieren, verfügen sie nun über die Möglichkeit, für eine umfassendere Verbreitung der Kochmöglichkeiten mit Strom zu sorgen. Auf diese Weise lässt sich die Stromnachfrage anregen und die Wirtschaftlichkeit neuer netzgebundener und netzunabhängiger Anschlüsse sowie anderer Infrastrukturverbesserungen steigern.

Um diese Chance jedoch optimal zu nutzen, gilt es für die Regierungen integrierte Energiepläne (IEP) zu entwickeln, in denen klare Ziele sowohl für die Elektrifizierung als auch für den Zugang zu sauberem Kochen festgehalten und die Ressourcen effektiv auf die Erfüllung dieser Ziele ausgerichtet sind. Bei den Planungen, in welcher Weise der Zugang zu Strom und sauberem Kochen (einschließlich Kochen mit Strom) sowohl für Haushalte als auch für Institutionen verbessert werden soll, muss die Politik das Energiesystem ganzheitlich betrachten. 

Die Regierungen von Nigeria und Malawi haben die Bedeutung integrierter Energiepläne bereits erkannt. In Zusammenarbeit mit Sustainable Energy for All, der Global Energy Alliance for People and Planet sowie der Rockefeller Foundation hat Nigeria ein integriertes Instrument zur Energieplanung entwickelt, das eine entscheidende Rolle dabei spielen wird, die Ziele des Landes im Bereich Energiezugang bis 2030 ebenso zu erreichen wie das für 2060 geplante Netto-Null-Ziel. Auch Malawi hat diese Woche ein ähnliches Instrument vorgestellt.

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Diese interaktiven Plattformen, die sich auf umfangreiche Geodaten und Geodatenmodellierung stützen, liefern staatlichen und privaten Akteuren verwertbare Informationen, so dass diese möglichst kostengünstige Lösungen für den Zugang zu Strom und sauberen Kochmöglichkeiten anbieten können. So wird etwa im integrierten Energieplan Nigerias geschätzt, dass sich 3,5 Millionen Haushalte elektrische Kochvorrichtungen leisten können und diese wohl auch einsetzen werden. Das hätte einen jährlichen zusätzlichen Strombedarf von 1.100 Megawattstunden zur Folge. Um diese Chance zu ergreifen, wären Investitionen in Höhe von lediglich 83 Millionen Dollar erforderlich - hauptsächlich für Kochherde.

Der integrierte Energieplan Malawis wiederum zeigt, dass Kochen mit Strom potenziell 4,1 Millionen Haushalte erreichen könnte, wenn das Land vollständig elektrifiziert ist – und diese Zahl umfasst nur Haushalte mit Netzanschluss. Neben dem gesundheitlichen Nutzen würde diese Entwicklung auch die Wirtschaftlichkeit der von der Electricity Supply Corporation of Malawi vorangetriebenen Netzausbauprojekte verbessern.

Integrierte Energiepläne sind unverzichtbar, um den potenziellen Markt eines Landes für elektrisches Kochen auszuloten. Mit diesen Plänen werden aufgrund des aktuellen und voraussichtlichen Grades der Elektrifizierung die Standorte von Kunden ermittelt und das bildet wiederum eine entscheidende wirtschaftliche Information für Unternehmen im Bereich sauberes Kochen. Da es einige Zeit dauert, bis die Elektrifizierungsbemühungen Früchte tragen, gibt ein integrierter Energieplan auch Aufschluss darüber, wo lokale Lösungen für elektrisches Kochen möglicherweise noch nicht durchführbar sind. In diesen Fällen kann man sich auf  Übergangslösungen für sauberes Kochen konzentrieren wie etwa auf verbesserte Kochherde oder Flüssiggas.

In jedem Fall unterstreichen die minimalen Fortschritte bei der Verbesserung des Zugangs zu sauberem Kochen den Bedarf an neuen, fundierteren Strategien. Die Vorstellung des malawischen integrierten Energieplans diese Woche markiert den Beginn eines neuen Kapitels evidenzbasierter Entscheidungsfindung in diesem Land. Der integrierte Entwicklungsplan ist für Regierungsinstitutionen, den Privatsektor, Entwicklungspartner und die Öffentlichkeit leicht online zugänglich.

Auf der diesjährigen COP27 werden viele afrikanische Länder die Notwendigkeit höherer internationaler Finanzierungen und Investitionen zur Unterstützung ihrer Entwicklung im Bereich sauberer Energien hervorheben. Die jüngste Zusage der Weltbank in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar zur Finanzierung von Elektrizität und sauberem Kochen in Nigeria zeigt, dass ein integrierter Energieplan die Mobilisierung dieser Art von Unterstützung beschleunigen kann.

Alle Entwicklungsländer sollten dem Beispiel Malawis und Nigerias folgen und eine integrierte Energieplanung in Angriff nehmen. Auf diese Weise ist es möglich, die zweifache Chance zu nutzen, die sauberes elektrisches Kochen bietet: nämlich Elektrifizierung und die verbesserte Gesundheit von Mensch und Umwelt.

Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier

https://prosyn.org/eIg1JJNde