CANBERRA – Als Reaktion auf die Politik des maximalen Drucks durch US-Präsident Donald Trump hat der Iran gerade einen zweiten ausländischen Öltanker festgesetzt. Trumps Ansatz, das islamische Regime gefügig zu machen, funktioniert ganz offensichtlich nicht. Wenn überhaupt, hat man damit einen weiteren Unruheherd im Nahen Osten geschaffen, die transatlantischen Beziehungen untergraben, Russland und China einen Vorteil verschafft und dem Atomwaffensperrvertrag einen schweren Schlag versetzt. Wie geht es nun weiter?
Trumps größtes Problem besteht darin, dass sich die USA aus dem – offiziell als gemeinsamer umfassender Aktionsplan (JCPOA) bekannten - Atomabkommen des Jahres 2015 zurückgezogen haben, andere Unterzeichnerstaaten ihm jedoch weiterhin verpflichtet geblieben sind. Außerdem stellten sich Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland und China gegen die von Trump verhängten drastischen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran. Diese Länder bekennen sich zur Erhaltung des Abkommens und tun alles in ihrer Macht Stehende, um die Führung im Iran zu überzeugen, sich ebenfalls weiter daran zu halten. Trotz der Gefahr amerikanischer Vergeltungsmaßnahmen haben die europäischen Unterzeichnerstaaten einen speziellen Mechanismus eingerichtet, um Handel und Geschäfte mit dem Iran zu erleichtern, während Russland und China ihre wirtschaftlichen und strategischen Verbindungen mit der Islamischen Republik ausweiteten. Damit haben sich Amerikas europäische Verbündete zum ersten Mal in der Geschichte des westlichen Bündnisses mit dessen Rivalen zusammengeschlossen.
Die Unterstützung dieser Mächte für den Iran reicht allerdings nicht aus, um die amerikanischen Sekundärsanktionen auszugleichen, aufgrund derer alle Staaten und Firmen bestraft werden, die dort Geschäfte tätigen. Dennoch kann diese Unterstützung die Auswirkungen der Sanktionen abmildern und die Belastbarkeit des iranischen Regimes stärken. Mit dem Abschuss einer amerikanischen Spionagedrohne, dem angeblichen Angriff auf sechs Öltanker sowie der Beschlagnahmung von zwei weiteren in der Nähe der Straße von Hormus hat der Iran seine Widerstandskraft bereits unter Beweis gestellt. Man hat damit signalisiert, dass man trotz der amerikanischen Machtdemonstration im Golf zur Gewährleistung der Sicherheit des Seeverkehrs in der Lage ist, die Meerenge zu blockieren, durch die ein Fünftel des weltweit geförderten Öls transportiert wird.
Trumps wie üblich verwirrende politische Erklärungen haben ihm auch nicht geholfen. Zunächst stellte er, unterstützt von seinem Hardliner-Außenminister Mike Pompeo, dem nationalen Sicherheitsberater John Bolton und dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu, fest, militärisch gegen den Iran vorgehen zu wollen, nur um sich dann an das andere Ende des Spektrums zu bewegen, an dem seine Impulse „gegen einen Krieg“ die Oberhand behielten. Er versucht, nicht mit militärischer, sondern mit Amerikas wirtschaftlicher Macht in Kombination mit Drohungen, seine Ziele zu erreichen. Doch mit dem Iran hat er sich das falsche Ziel ausgesucht. Er und seine Berater legen nämlich ein sehr mangelhaftes Verständnis des iranischen Regimes an den Tag und sie haben die Reaktionsfähigkeit des Landes in einer höchst komplexen Region unterschätzt.
Trumps Team hat nicht begriffen, dass das Regime gut verankert ist und von einer robusten regionalen Sicherheitsstruktur profitiert, die sich von Afghanistan bis zum Libanon und Jemen erstreckt. Es ist zwar ideologisch ausgerichtet, agiert aber pragmatisch, wenn es um das reine Überleben geht. Das Schicksal der herrschenden Kleriker und ihrer Anhänger ist mit dem Überleben des Regimes verflochten. Da Amerika die Monarchie von Schah Mohammed Reza Pahlavi lange Jahre unterstützt hatte, zählen heute immer noch diejenigen zu den ranghöchsten Mitgliedern des Regimes, die den USA überaus misstrauisch gegenüberstehen. Ayatollah Ruhollah Khomeini, der an der Spitze der Revolution 1979 stand, die zum Sturz des Schah führte, versuchte ein islamisches Staatswesen aufzubauen, das internen und externen Gegnern standhalten konnte.
Khomeini verstarb zwar Mitte 1989, aber sein Nachfolger, Ayatollah Ali Khamenei, trat im Wesentlichen in dessen Fußstapfen und agierte sowohl ideologisch motiviert als auch pragmatisch orientiert, um die Kontinuität des islamischen Regimes sicherzustellen. Obwohl er den USA und ihren Verbündeten unversöhnlich gegenübersteht, war er flexibel genug, um beispielsweise das Atomabkommen zu preisen, enge Beziehungen mit Russland und China aufzubauen und realistische Verbindungen mit europäischen Mächten zu bewahren, um mit dem Druck aus Amerika fertig zu werden.
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Unterdessen hat das islamische Regime intensiv am Aufbau seiner weichen und harten Macht gearbeitet und dabei unter anderem ein Netzwerk bestehend aus religiösen und strategischen Partnern in der gesamten Region geknüpft. Man hat eine Strategie der asymmetrischen Kriegsführung entwickelt, nicht nur, um einen ausländischen Angriff zu überstehen, sondern um diesen in eine verheerende regionale Konfrontation münden zu lassen. Das Regime lebte über die meiste Zeit seines 40-jährigen Bestehens mit US-Sanktionen und hat eine Vielzahl von Methoden entwickelt, um den amerikanischen Druck zu umgehen.
Das heißt nicht, dass das Regime nicht bereit wäre, das Atomabkommen neu zu verhandeln. Man hat schon Bereitschaft in diese Richtung signalisiert, allerdings nur, wenn diese erneuten Verhandlungen keine Bedrohung für die nationale und regionale Sicherheit des Landes darstellen und wenn ausreichende wirtschaftliche und strategische Anreize dafür gegeben sind. Das Regime bleibt zwischen Hardlinern und Gemäßigten gespalten, wobei Erstere über mehr Einfluss verfügen als Letztere. Es wäre allerdings falsch davon auszugehen, dass es im Angesicht einer ernsthaften Bedrohung von außen nicht zu einem Schulterschluss aller Fraktionen käme, der auch die mehrheitliche Unterstützung einer Öffentlichkeit hätte, die historisch für ihre erbitterte nationalistische Gesinnung bekannt ist.
Die Politik der USA, dem Regime entgegenzutreten und es in Schach zu halten, hat keine Früchte getragen. Präsident Barack Obamas Politik der Einbindung erwies sich als produktiver, wie der Abschluss des Atomabkommens zeigt. Trump hat sich jedoch selbst ins Eck manövriert und sieht sich nun mit der Aussicht auf eine nicht zu gewinnende militärische Auseinandersetzung mit weitreichenden regionalen und umfassenderen Auswirkungen konfrontiert, zu denen auch wirtschaftlich verheerende Konsequenzen für die Ölversorgung und die Ölpreise zählen.
Donald Trump and J.D. Vance’s verbal assault on Ukrainian President Volodymyr Zelensky in the Oval Office was shocking but not surprising. As the Trump administration rapidly destroys America's credibility and international standing, Europe must mobilize its ample resources to replace America as a global leader.
says the Trump administration's Oval Office fight with Ukraine's president is a moment that will live in infamy.
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CANBERRA – Als Reaktion auf die Politik des maximalen Drucks durch US-Präsident Donald Trump hat der Iran gerade einen zweiten ausländischen Öltanker festgesetzt. Trumps Ansatz, das islamische Regime gefügig zu machen, funktioniert ganz offensichtlich nicht. Wenn überhaupt, hat man damit einen weiteren Unruheherd im Nahen Osten geschaffen, die transatlantischen Beziehungen untergraben, Russland und China einen Vorteil verschafft und dem Atomwaffensperrvertrag einen schweren Schlag versetzt. Wie geht es nun weiter?
Trumps größtes Problem besteht darin, dass sich die USA aus dem – offiziell als gemeinsamer umfassender Aktionsplan (JCPOA) bekannten - Atomabkommen des Jahres 2015 zurückgezogen haben, andere Unterzeichnerstaaten ihm jedoch weiterhin verpflichtet geblieben sind. Außerdem stellten sich Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland und China gegen die von Trump verhängten drastischen Wirtschaftssanktionen gegen den Iran. Diese Länder bekennen sich zur Erhaltung des Abkommens und tun alles in ihrer Macht Stehende, um die Führung im Iran zu überzeugen, sich ebenfalls weiter daran zu halten. Trotz der Gefahr amerikanischer Vergeltungsmaßnahmen haben die europäischen Unterzeichnerstaaten einen speziellen Mechanismus eingerichtet, um Handel und Geschäfte mit dem Iran zu erleichtern, während Russland und China ihre wirtschaftlichen und strategischen Verbindungen mit der Islamischen Republik ausweiteten. Damit haben sich Amerikas europäische Verbündete zum ersten Mal in der Geschichte des westlichen Bündnisses mit dessen Rivalen zusammengeschlossen.
Die Unterstützung dieser Mächte für den Iran reicht allerdings nicht aus, um die amerikanischen Sekundärsanktionen auszugleichen, aufgrund derer alle Staaten und Firmen bestraft werden, die dort Geschäfte tätigen. Dennoch kann diese Unterstützung die Auswirkungen der Sanktionen abmildern und die Belastbarkeit des iranischen Regimes stärken. Mit dem Abschuss einer amerikanischen Spionagedrohne, dem angeblichen Angriff auf sechs Öltanker sowie der Beschlagnahmung von zwei weiteren in der Nähe der Straße von Hormus hat der Iran seine Widerstandskraft bereits unter Beweis gestellt. Man hat damit signalisiert, dass man trotz der amerikanischen Machtdemonstration im Golf zur Gewährleistung der Sicherheit des Seeverkehrs in der Lage ist, die Meerenge zu blockieren, durch die ein Fünftel des weltweit geförderten Öls transportiert wird.
Trumps wie üblich verwirrende politische Erklärungen haben ihm auch nicht geholfen. Zunächst stellte er, unterstützt von seinem Hardliner-Außenminister Mike Pompeo, dem nationalen Sicherheitsberater John Bolton und dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu, fest, militärisch gegen den Iran vorgehen zu wollen, nur um sich dann an das andere Ende des Spektrums zu bewegen, an dem seine Impulse „gegen einen Krieg“ die Oberhand behielten. Er versucht, nicht mit militärischer, sondern mit Amerikas wirtschaftlicher Macht in Kombination mit Drohungen, seine Ziele zu erreichen. Doch mit dem Iran hat er sich das falsche Ziel ausgesucht. Er und seine Berater legen nämlich ein sehr mangelhaftes Verständnis des iranischen Regimes an den Tag und sie haben die Reaktionsfähigkeit des Landes in einer höchst komplexen Region unterschätzt.
Trumps Team hat nicht begriffen, dass das Regime gut verankert ist und von einer robusten regionalen Sicherheitsstruktur profitiert, die sich von Afghanistan bis zum Libanon und Jemen erstreckt. Es ist zwar ideologisch ausgerichtet, agiert aber pragmatisch, wenn es um das reine Überleben geht. Das Schicksal der herrschenden Kleriker und ihrer Anhänger ist mit dem Überleben des Regimes verflochten. Da Amerika die Monarchie von Schah Mohammed Reza Pahlavi lange Jahre unterstützt hatte, zählen heute immer noch diejenigen zu den ranghöchsten Mitgliedern des Regimes, die den USA überaus misstrauisch gegenüberstehen. Ayatollah Ruhollah Khomeini, der an der Spitze der Revolution 1979 stand, die zum Sturz des Schah führte, versuchte ein islamisches Staatswesen aufzubauen, das internen und externen Gegnern standhalten konnte.
Khomeini verstarb zwar Mitte 1989, aber sein Nachfolger, Ayatollah Ali Khamenei, trat im Wesentlichen in dessen Fußstapfen und agierte sowohl ideologisch motiviert als auch pragmatisch orientiert, um die Kontinuität des islamischen Regimes sicherzustellen. Obwohl er den USA und ihren Verbündeten unversöhnlich gegenübersteht, war er flexibel genug, um beispielsweise das Atomabkommen zu preisen, enge Beziehungen mit Russland und China aufzubauen und realistische Verbindungen mit europäischen Mächten zu bewahren, um mit dem Druck aus Amerika fertig zu werden.
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Das heißt nicht, dass das Regime nicht bereit wäre, das Atomabkommen neu zu verhandeln. Man hat schon Bereitschaft in diese Richtung signalisiert, allerdings nur, wenn diese erneuten Verhandlungen keine Bedrohung für die nationale und regionale Sicherheit des Landes darstellen und wenn ausreichende wirtschaftliche und strategische Anreize dafür gegeben sind. Das Regime bleibt zwischen Hardlinern und Gemäßigten gespalten, wobei Erstere über mehr Einfluss verfügen als Letztere. Es wäre allerdings falsch davon auszugehen, dass es im Angesicht einer ernsthaften Bedrohung von außen nicht zu einem Schulterschluss aller Fraktionen käme, der auch die mehrheitliche Unterstützung einer Öffentlichkeit hätte, die historisch für ihre erbitterte nationalistische Gesinnung bekannt ist.
Die Politik der USA, dem Regime entgegenzutreten und es in Schach zu halten, hat keine Früchte getragen. Präsident Barack Obamas Politik der Einbindung erwies sich als produktiver, wie der Abschluss des Atomabkommens zeigt. Trump hat sich jedoch selbst ins Eck manövriert und sieht sich nun mit der Aussicht auf eine nicht zu gewinnende militärische Auseinandersetzung mit weitreichenden regionalen und umfassenderen Auswirkungen konfrontiert, zu denen auch wirtschaftlich verheerende Konsequenzen für die Ölversorgung und die Ölpreise zählen.
Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier