mohanty1_Kazi Salahuddin RazuNurPhoto via Getty Images_woman bangladesh rice field Kazi Salahuddin Razu/NurPhoto via Getty Images

Ländliche Frauen können die grüne Erholung vorantreiben

BANGKOK – Die meisten Länder in Asien und im Pazifik haben inzwischen irgendeine Art von postpandemischem Konjunkturpaket vorgelegt. Viele umfassen Investitionen in Nachhaltigkeit, zu denen die Vereinten Nationen die Regierungen wiederholt gedrängt haben. Einige Planungen beinhalten bisher lediglich die Gesamthaushaltsmittel, wobei die Politik die Ausgaben noch zuweisen muss.

Unabhängig von ihrem jeweiligen Detailgrad lassen alle Konjunkturprogramme der Region derzeit eine zentrale Bevölkerungsgruppe unberücksichtigt: ländliche Frauen. Sofern die Regierungen nicht rasch eine Geschlechtsperspektive in ihre Ausgabenprioritäten hineinbringen, wird diese große, lebenswichtige Gruppe außen vor bleiben, und die wirtschaftlichen Auswirkungen der staatlichen Programme werden hinter ihrem Potenzial zurückbleiben.

Das würde eine schon jetzt düstere Lage noch verschlimmern. Die ländlichen Volkswirtschaften, die ohnehin schon über kleinere Finanzpolster und einen geringeren Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen verfügen als städtische Gebiete, stehen von drei Seiten unter Druck: durch die COVID-19-Pandemie, den verbundenen wirtschaftlichen Abschwung und das unbarmherzige Fortschreiten des Klimawandels. Zudem leiden Frauen stärker als Männer unter den Folgewirkungen der Pandemie; sie erleiden größere wirtschaftliche Verluste und sind größeren psychischen Belastungen ausgesetzt.

Der Schlüssel zur Förderung einer postpandemischen Erholung, von der ländliche Frauen profitieren, besteht in der Schaffung umweltfreundlicher Arbeitsplätze, die Erschütterungen durch den Klimawandel widerstehen können und das Unternehmertum in Sektoren wie der Landwirtschaft und der Energie revitalisieren. Hier können von Frauen geführte kleine und mittelgroße Unternehmen eine wichtige Rolle spielen.

Bescheidene Veränderungen dabei, wie Regierungen Konjunkturmittel – insbesondere Investitionen in erneuerbare Energien – zuweisen und priorisieren, können das Leben von dutzenden von Millionen Menschen verbessern. Und in einigen großen Ländern wie Indien, in denen Lockdowns, unterbrochene Lieferketten und der Verlust städtischer Lebensgrundlagen eine Rückwanderung aufs Land ausgelöst haben, werden noch viel mehr Menschen von derartigen Anpassungen profitieren.

Die Unterstützung umweltfreundlicher Energien ist ein leichtes Ziel für Konjunkturpakete. Die Entwicklung erneuerbarer Energien hat sich während der Pandemie als sehr widerstandsfähig erwiesen. Selbst angesichts von Verzögerungen in Sektoren wie Verkehr und Bau hat sich die Zahl der Projekte im Bereich erneuerbarer Energien stark erhöht. Südkorea etwa hat kürzlich bekanntgegeben, dass es 43 Milliarden Dollar in den Bau von Offshore-Windparks investieren wird.

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Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat sich 2020 um fast 7% erhöht, doch ist das nicht die ganze Geschichte. Man könnte instinktiv denken, dass Frauen und Männer von einer erneuerbaren Energie-Infrastruktur im Wesentlichen auf dieselbe Weise profitieren, doch die Wahrheit sieht völlig anders aus.

In Asien und im Pazifik sind es gewöhnlich die Frauen, die im Haushalt tatsächlich Energie verbrauchen. Doch ist das System nicht auf sie ausgelegt. In einigen Ländern wie etwa Bangladesch haben Frauen keinen Zugriff auf erneuerbare Energien, weil diese in Bereichen wie etwa öffentlichen Märkten zum Einsatz kommen, die traditionell Männern vorbehalten sind.

Um dies zu korrigieren, können die Regierungen Anreize wie Zuschüsse und verbilligte Kredite für die Installation kleinmaßstäblicher erneuerbarer Energiesysteme in nicht an das Stromnetz angeschlossenen ländlichen Gebieten bereitstellen. In Bangladesch etwa stellt die Infrastructure Development Company Limited direkte Subventionen und Mikrokredite zur Finanzierung von Solaranlagen für Wohnhäuser bereit.

Die Regierungen sollten darüber hinaus von Frauen geführte Unternehmen unterstützen; diese wurden von der COVID-19-Krise überproportional hart getroffen. Im Rahmen des vom UN-Umweltprogramm gemeinsam mit UN Women umgesetzten und von der schwedischen Regierung finanzierten EmPower-Projekts durchgeführte Studien zeigen, dass von Frauen geführte Kleinunternehmen durch Umsatzverluste, Cashflow-Probleme und Herausforderungen bei der Beschaffung neuer Investitionen erschüttert wurden.

Weil Frauen in der Region häufig stärker im informellen Sektor wirtschaftlich tätig sind, werden sie nicht im selben Maße wie Männer in Konjunkturprogramme einbezogen. Die Regierungen sollten ihren Konjunkturprogrammen daher eine Geschlechtskomponente hinzufügen, damit davon alle, die in Not sind, wirksam angesprochen werden können.

Eine dritte simple Lösung besteht darin, stärker in die Förderung digitaler Kompetenzen und Fertigkeiten von Frauen und marginalisierten Gruppen zu investieren. Die digitale Kluft zwischen den Geschlechtern ist groß. So besitzen Frauen in Ländern niedrigen und mittleren Einkommens mit um 8% geringerer Wahrscheinlichkeit als Männer ein eigenes Mobiltelefon. Und 2019 waren weltweit nur 48% der Frauen online, verglichen mit 58% der Männer.

Größere digitale Kompetenz würde es Frauen ermöglichen, eine stärkere Rolle im Sektor für erneuerbare Energien der Region zu spielen. Im Bereich der privaten Haushalte spielen sich der Kauf und Verkauf von Energie und die Verbrauchsermittlung zunehmend online ab. Länder wie Indien, Nepal und Bangladesch nutzen digitale Plattformen, um die Gesamtnachfrage des Marktes zu bündeln und Verbraucher und Energielieferanten zusammenzuführen. Ein besseres Verständnis dieser Technologien wird Frauen – ob Kleinbäuerinnen oder Kleinunternehmerinnen – die Chance geben, bestehende Märkte zur kleinmaßstäblichen Energieerzeugung anzuzapfen (und auszuweiten).

Derartige Initiativen könnten zudem weitere Nutzeffekte haben. Ein stabiles, zuverlässiges Stromangebot aus verlässlichen, von Frauen in ländlichen Gegenden verwalteten Kleinnetzen könnte beispielsweise dazu beitragen, mobile Telekommunikationstürme mit Strom zu versorgen, und es so Telekommunikationsbetreibern ermöglichen, ihre Abdeckung auszuweiten.

Von geschlechtsspezifisch zugeschnittenen Konjunkturpaketen würden sowohl Staat als auch Wirtschaft profitieren, und zwar nicht nur in Asien und im Pazifik. Die Politik würde damit eine inklusive wirtschaftliche Entwicklung fördern und ihre Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt unter Beweis stellen, während die Unternehmen von neuen Märkten profitieren würden – und von einer Bevölkerung, die verstärkt online unterwegs ist und die bereit und in der Lage ist, für Waren und Dienstleistungen zu bezahlen. Und niemand würde ins Abseits geraten.

Aus dem Englischen von Jan Doolan

https://prosyn.org/kfX6bQwde