AUSTIN – Der Kurseinbruch an den Börsen ist - vielleicht - das lang erwartete Signal eines Abschwungs der US-Wirtschaft. Für die Regierung unter Präsident Joe Biden und den Präsidentschaftswahlkampf von Kamala Harris könnte der Zeitpunkt nicht ungünstiger sein. Jahrelang haben sie versucht, ihre wirtschaftliche Bilanz als Erfolgsgeschichte zu verkaufen. Angesichts rückläufiger Märkte und steigender Arbeitslosenzahlen ist dies allerdings nur noch schwer bis gar nicht mehr möglich.
Der Zusammenbruch der Märkte und die bevorstehende Rezession kommen mehr als zwei Jahre, nachdem die Federal Reserve mit der Anhebung der Zinssätze zur „Inflationsbekämpfung“ begann. Sie sind die direkte, wenn auch verzögerte Folge dieser Maßnahmen. Die Politik der Fed zeigt also schlussendlich ihre beabsichtigte Wirkung - mehr als zwei Jahre nachdem die Inflation ihren Höhepunkt erreichte und aus Gründen, die nichts mit der Fed-Politik zu tun haben, zu sinken begann.
Steht uns nun eine Rezession ins Haus? Seit mindestens 40 Jahren ist eine inverse Renditekurve bei US-Staatsanleihen ein zuverlässiger Indikator für eine Rezession in Amerika. In den Jahren 1980, 1982, 1989, 2000, 2006 und 2019 stieg der Zinssatz für 90-Tage-US-Anleihen über den für zehnjährige Anleihen, und der wirtschaftliche Einbruch erfolgte innerhalb eines Jahres. In allen Fällen nach 1982 war die Inversion zwar vorbei, als die Rezession einsetzte - aber diese setzte trotzdem ein.
Das geschieht, weil die Kredite für Unternehmensinvestitionen, Bauvorhaben und Hypotheken zu versiegen beginnen, wenn die Fed die kurzfristigen Zinssätze anhebt. Warum sollte man einen Kredit mit Risiko zu 4, 5 oder noch mehr Prozent vergeben, wenn man sein Geld risikofrei für 5 Prozent parken kann? Andere Faktoren, wie ein steigender Dollar (schlecht für die Exporte) und die Neufestsetzung der Zinsen für alte Kredite (schlecht für Kreditkarten- und Hypothekenausfälle wie aus den Jahren 2007-2008 bekannt), spielen ebenfalls eine Rolle. Schließlich beginnen die langfristigen Zinsen zu steigen, und die Inversion endet, aber dann richten hohe langfristige Zinsen weiteren Schaden an.
Im aktuellen Zyklus kam es trotz beginnender Inversion der Zinskurve im Oktober 2022 zu keiner Rezession - bis jetzt. Gegenläufige Kräfte stützten die Wirtschaft, darunter sehr hohe Haushaltsdefizite, die Zinszahlungen auf eine historisch hohe Staatsverschuldung und die (seit 2009) direkte Zahlung von Zinsen auf sehr hohe Bankreserven. Die Wirtschaft brummte, trotz aller Bemühungen der Fed, sie zu bremsen.
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Damit ist jetzt Schluss. Die Arbeitslosigkeit ist im vergangenen Jahr um fast einen ganzen Prozentpunkt gestiegen, und die Schaffung von Arbeitsplätzen ist stark rückläufig. Die Zahl der neuen Arbeitslosen sowie der aus wirtschaftlichen Gründen teilzeitbeschäftigten Personen und der nicht Erwerbstätigen, die einen Arbeitsplatz suchen, ist von Juni bis Juli um über eine Million gestiegen. Claudia Sahms Rezessionsindikator - ein Anstieg der Arbeitslosigkeit um einen halben Punkt im gleitenden Dreimonatsdurchschnitt - blinkt rot. Die Sahm-Regel hat seit mindestens 1960 Bestand.
Im Jahr 2007 untersuchten zwei Mitautoren und ich, wie sich die Fed in der Vergangenheit als Reaktion auf die wirtschaftliche Lage verhielt. Wir stellten fest, dass die Notenbank entgegen ihrer Behauptungen nach 1984 nicht mehr auf die Inflation reagierte (fairerweise muss man sagen, dass es nicht viel gab, worauf sie reagieren konnte). Stattdessen hob die Fed die kurzfristigen Zinssätze an und zwar als Antwort auf eine niedrige oder sinkende Arbeitslosenquote - die klassische Sorge der Arbeitgeber, die befürchten, dass ihre Beschäftigten höhere Löhne fordern oder sich anderswo bessere Jobs suchen.
Vor allem aber haben wir nach Untersuchung der Faktoren Inflation und Arbeitslosigkeit geprüft, ob der Wahlzyklus der US-Präsidentschaftswahlen einen statistischen Einfluss auf die Zinskurve hatte. In jedem von uns untersuchten Modell fanden wir einen eindeutigen und ausgeprägten Effekt: In Präsidentschaftswahljahren verfolgt die Fed eine lockerere Zinspolitik, wenn die Republikaner im Weißen Haus sitzen, und eine straffere, wenn der Präsident ein Demokrat ist. Konkret prognostizierte unser Modell einen Straffungseffekt von etwa 1,5 Punkten bei niedriger Arbeitslosenquote, mit zusätzlichen 0,6 Punkten in einem Wahljahr, in dem die Demokraten das Weiße Haus führen. Im Vergleich dazu beträgt der Lockerungseffekt 0,9 Punkte, wenn der Präsident Republikaner ist. In einem Wahljahr mit niedriger Arbeitslosigkeit beläuft sich der prognostizierte Schwenk in der Renditekurve also auf etwa drei Prozentpunkte.
Unser 17 Jahre altes Modell beschreibt die aktuelle Situation in allen entscheidenden Belangen. Aus Sicht der Arbeitgeber ist die Arbeitslosigkeit beunruhigend niedrig. Und im Weißen Haus sitzt ein Demokrat. Die Renditekurve ist um etwa 1,5 Prozentpunkte invertiert. Wäre der Präsident ein Republikaner, hätten wir also eine flache Zinskurve erwartet, und eine ansteigende Kurve - die normale Situation - wenn auch die Arbeitslosigkeit höher gewesen wäre. Statistisch gesehen erklärt das Modell, warum sich die Fed trotz des stetigen Rückgangs der Inflationsrate hartnäckig weigert, die Zinsen zu senken.
Das haben sich die demokratischen Präsidenten ausschließlich selbst zuzuschreiben. Jahrzehntelang haben sie sich auf die Fed als „Institution zur Inflationsbekämpfung“ verlassen. Jahrzehntelang haben sie republikanische Notenbankchefs wiederbestellt: Alan Greenspan, Ben Bernanke und Jerome Powell. Neben den Vorsitzenden sind im Gouverneursrat der Fed und in den regionalen Federal Reserve Banks auch Banker und Wirtschaftsexperten stark vertreten.
Diese Leute mögen sich selbst als überparteiliche Hohepriester verstehen, dennoch stehen sie in hohem Maße auf der Seite der Wall Street und damit gegen die Interessen der Arbeitnehmer. Das vorhersehbare Ergebnis ist eine immer wiederkehrende Lähmung progressiver Wirtschaftspolitik.
In den Zeiten, als die Demokraten die Arbeitnehmer noch ernst nahmen - etwa vom späten 19. Jahrhundert bis in die 1960er Jahre - war ihnen klar, dass Big Finance in die Schranken gewiesen und kontrolliert werden musste. Von den 1930er bis in die späten 1970er Jahre gab es in Amerika Regelungen und Regulierungsbehörden, die sich dieser Aufgabe widmeten. Doch in den 1980er Jahren wurde diese Ordnung weitgehend aufgehoben, und seit der Ära Bill Clinton hat die Demokratische Partei die Fed sich selbst überlassen - und im Gegenzug eine Menge Geld von der Wall Street erhalten.
Im laufenden Präsidentschaftswahlkampf hat es zahlreiche überraschende Wendungen gegeben. Mit dem wirtschaftlichen Schock durch die Fed wird - wenn die Entwicklung so weitergeht – eine weitere hinzukommen. Angesichts der möglichen Auswirkungen auf kommenden November könnten die Demokraten nun vor einer langen Auszeit vom Präsidentenamt stehen. Mögen sie diese Zeit nutzen, um darüber nachzudenken, wie unklug ihr 30-jähriger Pakt mit Big Finance war.
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America's president subscribes to a brand of isolationism that has waxed and waned throughout US history, but has its roots in the two-century-old Monroe Doctrine. This is bad news for nearly everyone, because it implies acceptance of a world order based on spheres of influence, as envisioned by China and Russia.
hears echoes of the Monroe Doctrine in the US president's threats to acquire Greenland.
Financial markets and official economic indicators over the past few weeks give policymakers around the world plenty to contemplate. Was the recent spike in bond yields a sufficient warning to Donald Trump and his team, or will they still follow through with inflationary stimulus, tariff, and immigration policies?
wonders if recent market signals will keep the new administration’s radicalism in check.
AUSTIN – Der Kurseinbruch an den Börsen ist - vielleicht - das lang erwartete Signal eines Abschwungs der US-Wirtschaft. Für die Regierung unter Präsident Joe Biden und den Präsidentschaftswahlkampf von Kamala Harris könnte der Zeitpunkt nicht ungünstiger sein. Jahrelang haben sie versucht, ihre wirtschaftliche Bilanz als Erfolgsgeschichte zu verkaufen. Angesichts rückläufiger Märkte und steigender Arbeitslosenzahlen ist dies allerdings nur noch schwer bis gar nicht mehr möglich.
Der Zusammenbruch der Märkte und die bevorstehende Rezession kommen mehr als zwei Jahre, nachdem die Federal Reserve mit der Anhebung der Zinssätze zur „Inflationsbekämpfung“ begann. Sie sind die direkte, wenn auch verzögerte Folge dieser Maßnahmen. Die Politik der Fed zeigt also schlussendlich ihre beabsichtigte Wirkung - mehr als zwei Jahre nachdem die Inflation ihren Höhepunkt erreichte und aus Gründen, die nichts mit der Fed-Politik zu tun haben, zu sinken begann.
Steht uns nun eine Rezession ins Haus? Seit mindestens 40 Jahren ist eine inverse Renditekurve bei US-Staatsanleihen ein zuverlässiger Indikator für eine Rezession in Amerika. In den Jahren 1980, 1982, 1989, 2000, 2006 und 2019 stieg der Zinssatz für 90-Tage-US-Anleihen über den für zehnjährige Anleihen, und der wirtschaftliche Einbruch erfolgte innerhalb eines Jahres. In allen Fällen nach 1982 war die Inversion zwar vorbei, als die Rezession einsetzte - aber diese setzte trotzdem ein.
Das geschieht, weil die Kredite für Unternehmensinvestitionen, Bauvorhaben und Hypotheken zu versiegen beginnen, wenn die Fed die kurzfristigen Zinssätze anhebt. Warum sollte man einen Kredit mit Risiko zu 4, 5 oder noch mehr Prozent vergeben, wenn man sein Geld risikofrei für 5 Prozent parken kann? Andere Faktoren, wie ein steigender Dollar (schlecht für die Exporte) und die Neufestsetzung der Zinsen für alte Kredite (schlecht für Kreditkarten- und Hypothekenausfälle wie aus den Jahren 2007-2008 bekannt), spielen ebenfalls eine Rolle. Schließlich beginnen die langfristigen Zinsen zu steigen, und die Inversion endet, aber dann richten hohe langfristige Zinsen weiteren Schaden an.
Im aktuellen Zyklus kam es trotz beginnender Inversion der Zinskurve im Oktober 2022 zu keiner Rezession - bis jetzt. Gegenläufige Kräfte stützten die Wirtschaft, darunter sehr hohe Haushaltsdefizite, die Zinszahlungen auf eine historisch hohe Staatsverschuldung und die (seit 2009) direkte Zahlung von Zinsen auf sehr hohe Bankreserven. Die Wirtschaft brummte, trotz aller Bemühungen der Fed, sie zu bremsen.
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Im Jahr 2007 untersuchten zwei Mitautoren und ich, wie sich die Fed in der Vergangenheit als Reaktion auf die wirtschaftliche Lage verhielt. Wir stellten fest, dass die Notenbank entgegen ihrer Behauptungen nach 1984 nicht mehr auf die Inflation reagierte (fairerweise muss man sagen, dass es nicht viel gab, worauf sie reagieren konnte). Stattdessen hob die Fed die kurzfristigen Zinssätze an und zwar als Antwort auf eine niedrige oder sinkende Arbeitslosenquote - die klassische Sorge der Arbeitgeber, die befürchten, dass ihre Beschäftigten höhere Löhne fordern oder sich anderswo bessere Jobs suchen.
Vor allem aber haben wir nach Untersuchung der Faktoren Inflation und Arbeitslosigkeit geprüft, ob der Wahlzyklus der US-Präsidentschaftswahlen einen statistischen Einfluss auf die Zinskurve hatte. In jedem von uns untersuchten Modell fanden wir einen eindeutigen und ausgeprägten Effekt: In Präsidentschaftswahljahren verfolgt die Fed eine lockerere Zinspolitik, wenn die Republikaner im Weißen Haus sitzen, und eine straffere, wenn der Präsident ein Demokrat ist. Konkret prognostizierte unser Modell einen Straffungseffekt von etwa 1,5 Punkten bei niedriger Arbeitslosenquote, mit zusätzlichen 0,6 Punkten in einem Wahljahr, in dem die Demokraten das Weiße Haus führen. Im Vergleich dazu beträgt der Lockerungseffekt 0,9 Punkte, wenn der Präsident Republikaner ist. In einem Wahljahr mit niedriger Arbeitslosigkeit beläuft sich der prognostizierte Schwenk in der Renditekurve also auf etwa drei Prozentpunkte.
Unser 17 Jahre altes Modell beschreibt die aktuelle Situation in allen entscheidenden Belangen. Aus Sicht der Arbeitgeber ist die Arbeitslosigkeit beunruhigend niedrig. Und im Weißen Haus sitzt ein Demokrat. Die Renditekurve ist um etwa 1,5 Prozentpunkte invertiert. Wäre der Präsident ein Republikaner, hätten wir also eine flache Zinskurve erwartet, und eine ansteigende Kurve - die normale Situation - wenn auch die Arbeitslosigkeit höher gewesen wäre. Statistisch gesehen erklärt das Modell, warum sich die Fed trotz des stetigen Rückgangs der Inflationsrate hartnäckig weigert, die Zinsen zu senken.
Das haben sich die demokratischen Präsidenten ausschließlich selbst zuzuschreiben. Jahrzehntelang haben sie sich auf die Fed als „Institution zur Inflationsbekämpfung“ verlassen. Jahrzehntelang haben sie republikanische Notenbankchefs wiederbestellt: Alan Greenspan, Ben Bernanke und Jerome Powell. Neben den Vorsitzenden sind im Gouverneursrat der Fed und in den regionalen Federal Reserve Banks auch Banker und Wirtschaftsexperten stark vertreten.
Diese Leute mögen sich selbst als überparteiliche Hohepriester verstehen, dennoch stehen sie in hohem Maße auf der Seite der Wall Street und damit gegen die Interessen der Arbeitnehmer. Das vorhersehbare Ergebnis ist eine immer wiederkehrende Lähmung progressiver Wirtschaftspolitik.
In den Zeiten, als die Demokraten die Arbeitnehmer noch ernst nahmen - etwa vom späten 19. Jahrhundert bis in die 1960er Jahre - war ihnen klar, dass Big Finance in die Schranken gewiesen und kontrolliert werden musste. Von den 1930er bis in die späten 1970er Jahre gab es in Amerika Regelungen und Regulierungsbehörden, die sich dieser Aufgabe widmeten. Doch in den 1980er Jahren wurde diese Ordnung weitgehend aufgehoben, und seit der Ära Bill Clinton hat die Demokratische Partei die Fed sich selbst überlassen - und im Gegenzug eine Menge Geld von der Wall Street erhalten.
Im laufenden Präsidentschaftswahlkampf hat es zahlreiche überraschende Wendungen gegeben. Mit dem wirtschaftlichen Schock durch die Fed wird - wenn die Entwicklung so weitergeht – eine weitere hinzukommen. Angesichts der möglichen Auswirkungen auf kommenden November könnten die Demokraten nun vor einer langen Auszeit vom Präsidentenamt stehen. Mögen sie diese Zeit nutzen, um darüber nachzudenken, wie unklug ihr 30-jähriger Pakt mit Big Finance war.
Übersetzung: Helga Klinger-Groier