OSLO/KAPSTADT – Die weltweite Inflation hat in den letzten Jahren die Preise für Lebensmittel, Energie und Güter des täglichen Bedarfs auf ein noch nie dagewesenes Niveau getrieben. Infolgedessen haben die steigenden Lebenshaltungskosten die politische Debatte auf der ganzen Welt, insbesondere aber in den G20-Ländern, dominiert. Im Vorfeld der diesjährigen Präsidentschaftswahlen in den USA nannten beispielsweise 41 % der Amerikaner die Inflation als wichtigstes wirtschaftliches Problem.
Die hohe Inflation droht eine andere drängende Krise zu überschatten: die globale Erwärmung. Steigende Preise und Klimawandel sind jedoch eng miteinander verbunden. Extreme Wetterereignisse schädigen das Getreide, vernichten Ernten und treiben die Lebensmittelpreise in die Höhe. Die Auswirkungen werden immer deutlicher: Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen treten immer häufiger und intensiver auf. Diese Ereignisse unterbrechen auch die Versorgungsketten und die Energieproduktion und treiben die Preise anderer wichtiger Güter in die Höhe.
Besonders akut ist der klimabedingte Inflationsdruck in Afrika und Lateinamerika, wo ein großer Teil der Haushaltsausgaben auf Lebensmittel entfällt. So hat beispielsweise eine lang anhaltende Dürre, die durch El Niño noch verstärkt wurde, Anfang dieses Jahres die Preise für Grundnahrungsmittel in Malawi, Mosambik, Sambia und Simbabwe in die Höhe getrieben und eine Hungerkrise ausgelöst. Im Gegensatz dazu geben Haushalte in wohlhabenderen Ländern tendenziell einen geringeren Anteil ihres Einkommens für Lebensmittel aus und sind somit besser abgesichert.
In der Diskussion über den Klimawandel wird oft übersehen, dass er für die schwächsten Bevölkerungsgruppen einen wirtschaftlichen Tribut fordert und die Ungleichheiten verschärft. Da die Inflation jedoch zunehmend die wirtschaftliche Stabilität untergräbt, können diese Kosten nicht länger ignoriert werden. Veränderte Wettermuster haben die Preise für Orangen in Brasilien, Kakao in Westafrika und Kaffee in Vietnam in die Höhe getrieben. Eine aktuelle Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und der Europäischen Zentralbank schätzt, dass steigende Temperaturen die Inflation bei Nahrungsmitteln bis 2035 um 3,2 Prozentpunkte pro Jahr und die Gesamtinflation um 1,18 Prozentpunkte pro Jahr erhöhen könnten.
Der Klimawandel darf nicht nur als Umweltproblem behandelt werden, sondern muss ein zentrales Thema der Wirtschaftspolitik sein. Die Fiskal- und Währungsbehörden sollten sowohl die unmittelbaren als auch die langfristigen klimabedingten Risiken in ihre Inflationsprognosen und -politiken einbeziehen , so wie sie es bereits mit den „Übergangsrisiken“ der Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft tun. Einige Institutionen haben mit der Anpassung begonnen. Die südafrikanische Zentralbank hat erkannt, wie wichtig es ist, Klimarisiken zu verstehen. Seit 2018 hat die Zentralbank von Costa Rica die Auswirkungen der Erderwärmung in ihre Wirtschaftsmodelle integriert.
Zentralbanken und Finanzministerien sollten auch mit Klimaorganisationen zusammenarbeiten, um praktische Lösungen zu entwickeln, die dazu beitragen, die Volkswirtschaften vor den kombinierten Schocks von extremen Wetterereignissen, steigender Inflation und Ernährungsunsicherheit zu schützen. Die African Climate Foundation (ACF), bei der einer von uns tätig ist, hat beispielsweise die Adaptation and Resilience Investment Platforms (ARIPs) entwickelt, die fortgeschrittene Analysen nutzen, die Klima- und Wetterdaten, biophysikalische Modelle und gesamtwirtschaftliche Modelle kombinieren, um die Priorisierung von Investitionen und politischen Maßnahmen zu erleichtern ‑ ein umfassenderer Ansatz zum Aufbau von Resilienz.
At a time when democracy is under threat, there is an urgent need for incisive, informed analysis of the issues and questions driving the news – just what PS has always provided. Subscribe now and save $50 on a new subscription.
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Die ACF hat im vergangenen Jahr eine ARIP in Malawi eingerichtet, nachdem das Land von Zyklon Freddy, dem längsten tropischen Wirbelsturm aller Zeiten, verwüstet worden war. Dieses Finanzierungsinstrument ermöglichte es den politischen Entscheidungsträgern, nachhaltige Lösungen zu finden, um die durch den Wirbelsturm verursachten wirtschaftlichen Schäden zu mildern und gleichzeitig wichtige Wirtschaftssektoren zu schützen und die finanzielle Stabilität zu stärken.
Andere Klima-Think-Tanks verfolgen ähnliche Ziele. Die Iniciativa Climática de México drängt politische Entscheidungsträger, Klimarisiken in die Wirtschaftsplanung einzubeziehen, während das brasilianische Institut für Klima und Gesellschaft Sozialschutzpläne und klimasensitive Maßnahmen fordert, um einkommensschwache Gemeinden vor den wirtschaftlichen Folgen extremer Wetterereignisse zu schützen.
Ebenso wichtig ist die regionale Zusammenarbeit, die es den Ländern Afrikas und Lateinamerikas ermöglichen würde, wirtschaftspolitische Maßnahmen zu entwickeln und auszutauschen, die speziell auf ihre Klimaanfälligkeit zugeschnitten sind und die am stärksten gefährdeten Gemeinschaften unterstützen. Initiativen wie die Regional Climate Change Platform der Wirtschafts- und Finanzministerien der Interamerikanischen Entwicklungsbank können als Vorbild für solche Bemühungen dienen.
Auf globaler Ebene ist eine bessere Koordinierung zwischen Klima- und Wirtschaftsinstitutionen von entscheidender Bedeutung. Instrumente wie der CO2-Grenzausgleichsmechanismus der Europäischen Union verdeutlichen die Notwendigkeit einer umsichtigen Politikgestaltung, um negative Auswirkungen ‑ in diesem Fall höhere Kosten für Verbraucher in Entwicklungsländern ‑ abzumildern. Sowohl Brasilien als Gastgeber des BRICS-Gipfels und der UN-Klimakonferenz (COP30) im nächsten Jahr als auch Südafrika, das derzeit die G20-Präsidentschaft innehat, haben die einmalige Gelegenheit, die globale Wirtschaftsagenda neu zu definieren und sich für eine Politik einzusetzen, die die doppelte Krise von Inflation und globaler Erwärmung angeht.
Wenn wir nicht gemeinsam und entschlossen handeln, könnte dies die Ungleichheiten verschärfen, die wirtschaftliche Stabilität untergraben und die Klimaziele gefährden. Wenn die politischen Entscheidungsträger jedoch innovative Lösungen entwickeln, um die Lücke zwischen Klima- und Wirtschaftspolitik zu schließen, können sie die unmittelbaren Risiken extremer Wetterereignisse verringern und die langfristige Stabilität und Widerstandsfähigkeit fördern. Da sich sowohl die Inflation als auch der Planet aufheizen, war die Notwendigkeit einer integrierten und gerechten Politik noch nie so dringend wie heute.
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Although AI has great potential to bring exciting changes to education, art, medicine, robotics, and other fields, it also poses major risks, most of which are not being addressed. Judging by the response so far from political and other institutions, we can safely expect many years of instability.
offers a brief roadmap of how the technology will evolve and be deployed over the next few years.
Despite Donald Trump’s assurances that he will not seek to remove Federal Reserve Chair Jerome Powell, there is little doubt that the US president-elect aims to gain greater influence over the Fed’s decision-making. Such interference could drive up long-term interest rates, damaging the American economy.
worries about the incoming US administration’s plans to weaken the central bank’s independence.
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OSLO/KAPSTADT – Die weltweite Inflation hat in den letzten Jahren die Preise für Lebensmittel, Energie und Güter des täglichen Bedarfs auf ein noch nie dagewesenes Niveau getrieben. Infolgedessen haben die steigenden Lebenshaltungskosten die politische Debatte auf der ganzen Welt, insbesondere aber in den G20-Ländern, dominiert. Im Vorfeld der diesjährigen Präsidentschaftswahlen in den USA nannten beispielsweise 41 % der Amerikaner die Inflation als wichtigstes wirtschaftliches Problem.
Die hohe Inflation droht eine andere drängende Krise zu überschatten: die globale Erwärmung. Steigende Preise und Klimawandel sind jedoch eng miteinander verbunden. Extreme Wetterereignisse schädigen das Getreide, vernichten Ernten und treiben die Lebensmittelpreise in die Höhe. Die Auswirkungen werden immer deutlicher: Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen treten immer häufiger und intensiver auf. Diese Ereignisse unterbrechen auch die Versorgungsketten und die Energieproduktion und treiben die Preise anderer wichtiger Güter in die Höhe.
Besonders akut ist der klimabedingte Inflationsdruck in Afrika und Lateinamerika, wo ein großer Teil der Haushaltsausgaben auf Lebensmittel entfällt. So hat beispielsweise eine lang anhaltende Dürre, die durch El Niño noch verstärkt wurde, Anfang dieses Jahres die Preise für Grundnahrungsmittel in Malawi, Mosambik, Sambia und Simbabwe in die Höhe getrieben und eine Hungerkrise ausgelöst. Im Gegensatz dazu geben Haushalte in wohlhabenderen Ländern tendenziell einen geringeren Anteil ihres Einkommens für Lebensmittel aus und sind somit besser abgesichert.
In der Diskussion über den Klimawandel wird oft übersehen, dass er für die schwächsten Bevölkerungsgruppen einen wirtschaftlichen Tribut fordert und die Ungleichheiten verschärft. Da die Inflation jedoch zunehmend die wirtschaftliche Stabilität untergräbt, können diese Kosten nicht länger ignoriert werden. Veränderte Wettermuster haben die Preise für Orangen in Brasilien, Kakao in Westafrika und Kaffee in Vietnam in die Höhe getrieben. Eine aktuelle Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und der Europäischen Zentralbank schätzt, dass steigende Temperaturen die Inflation bei Nahrungsmitteln bis 2035 um 3,2 Prozentpunkte pro Jahr und die Gesamtinflation um 1,18 Prozentpunkte pro Jahr erhöhen könnten.
Der Klimawandel darf nicht nur als Umweltproblem behandelt werden, sondern muss ein zentrales Thema der Wirtschaftspolitik sein. Die Fiskal- und Währungsbehörden sollten sowohl die unmittelbaren als auch die langfristigen klimabedingten Risiken in ihre Inflationsprognosen und -politiken einbeziehen , so wie sie es bereits mit den „Übergangsrisiken“ der Umstellung auf eine kohlenstoffarme Wirtschaft tun. Einige Institutionen haben mit der Anpassung begonnen. Die südafrikanische Zentralbank hat erkannt, wie wichtig es ist, Klimarisiken zu verstehen. Seit 2018 hat die Zentralbank von Costa Rica die Auswirkungen der Erderwärmung in ihre Wirtschaftsmodelle integriert.
Zentralbanken und Finanzministerien sollten auch mit Klimaorganisationen zusammenarbeiten, um praktische Lösungen zu entwickeln, die dazu beitragen, die Volkswirtschaften vor den kombinierten Schocks von extremen Wetterereignissen, steigender Inflation und Ernährungsunsicherheit zu schützen. Die African Climate Foundation (ACF), bei der einer von uns tätig ist, hat beispielsweise die Adaptation and Resilience Investment Platforms (ARIPs) entwickelt, die fortgeschrittene Analysen nutzen, die Klima- und Wetterdaten, biophysikalische Modelle und gesamtwirtschaftliche Modelle kombinieren, um die Priorisierung von Investitionen und politischen Maßnahmen zu erleichtern ‑ ein umfassenderer Ansatz zum Aufbau von Resilienz.
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Die ACF hat im vergangenen Jahr eine ARIP in Malawi eingerichtet, nachdem das Land von Zyklon Freddy, dem längsten tropischen Wirbelsturm aller Zeiten, verwüstet worden war. Dieses Finanzierungsinstrument ermöglichte es den politischen Entscheidungsträgern, nachhaltige Lösungen zu finden, um die durch den Wirbelsturm verursachten wirtschaftlichen Schäden zu mildern und gleichzeitig wichtige Wirtschaftssektoren zu schützen und die finanzielle Stabilität zu stärken.
Andere Klima-Think-Tanks verfolgen ähnliche Ziele. Die Iniciativa Climática de México drängt politische Entscheidungsträger, Klimarisiken in die Wirtschaftsplanung einzubeziehen, während das brasilianische Institut für Klima und Gesellschaft Sozialschutzpläne und klimasensitive Maßnahmen fordert, um einkommensschwache Gemeinden vor den wirtschaftlichen Folgen extremer Wetterereignisse zu schützen.
Ebenso wichtig ist die regionale Zusammenarbeit, die es den Ländern Afrikas und Lateinamerikas ermöglichen würde, wirtschaftspolitische Maßnahmen zu entwickeln und auszutauschen, die speziell auf ihre Klimaanfälligkeit zugeschnitten sind und die am stärksten gefährdeten Gemeinschaften unterstützen. Initiativen wie die Regional Climate Change Platform der Wirtschafts- und Finanzministerien der Interamerikanischen Entwicklungsbank können als Vorbild für solche Bemühungen dienen.
Auf globaler Ebene ist eine bessere Koordinierung zwischen Klima- und Wirtschaftsinstitutionen von entscheidender Bedeutung. Instrumente wie der CO2-Grenzausgleichsmechanismus der Europäischen Union verdeutlichen die Notwendigkeit einer umsichtigen Politikgestaltung, um negative Auswirkungen ‑ in diesem Fall höhere Kosten für Verbraucher in Entwicklungsländern ‑ abzumildern. Sowohl Brasilien als Gastgeber des BRICS-Gipfels und der UN-Klimakonferenz (COP30) im nächsten Jahr als auch Südafrika, das derzeit die G20-Präsidentschaft innehat, haben die einmalige Gelegenheit, die globale Wirtschaftsagenda neu zu definieren und sich für eine Politik einzusetzen, die die doppelte Krise von Inflation und globaler Erwärmung angeht.
Wenn wir nicht gemeinsam und entschlossen handeln, könnte dies die Ungleichheiten verschärfen, die wirtschaftliche Stabilität untergraben und die Klimaziele gefährden. Wenn die politischen Entscheidungsträger jedoch innovative Lösungen entwickeln, um die Lücke zwischen Klima- und Wirtschaftspolitik zu schließen, können sie die unmittelbaren Risiken extremer Wetterereignisse verringern und die langfristige Stabilität und Widerstandsfähigkeit fördern. Da sich sowohl die Inflation als auch der Planet aufheizen, war die Notwendigkeit einer integrierten und gerechten Politik noch nie so dringend wie heute.
Deutsch von Andreas Hubig