BOSTON – Der Klimawandel ist nicht die einzige Krise, die sich aufgrund unternehmerischer Gier, individuellen Fehlverhaltens, stockender internationaler Verhandlungen und eines fehlenden Gespürs für die Dringlichkeit des Problems aufseiten der Öffentlichkeit und der Politik auf einen Kipppunkt zubewegt. Genau die gleichen Faktoren haben auch zu einem dramatischen Anstieg der antimikrobiellen Resistenz beigetragen.
Das Ausmaß der von antimikrobieller Resistenz ausgehenden Bedrohung für die menschliche Gesundheit kann gar nicht hoch genug eingestuft werden. Schon jetzt trägt der Wirksamkeitsverlust von Antibiotika zu beinahe zu 1,2 Millionen Todesfällen jährlich bei. Dieser Wert liegt höher als bei HIV oder Malaria.
Einige Forscherinnen und Forscher haben auf die Ähnlichkeit der Schwierigkeiten im Kampf gegen Klimawandel und antimikrobielle Resistenzen hingewiesen. Bislang wurde jedoch kaum über die Schäden aufgrund dieser zeitgleich stattfindenden Krisen diskutiert.
Überall auf der Welt stehen Menschen, die in städtischen Slums leben, vor der doppelten Herausforderung aus klimabedingten Belastungen und nicht mehr wirksamen Medikamenten. Auch dort, wo Infektionen mit arzneimittelresistenten Keimen nicht staatlich erfasst werden, stellen lokal tätige Ärztinnen und Ärzte dieses Problem fest. In diesen Gebieten entwickeln sich resistente Bakterienstämme aufgrund der weit verbreiteten Verfügbarkeit minderwertiger Medikamente, des übermäßigen Einsatzes von Antibiotika und der Vermischung von Abwässern und Trinkwasser.
Access every new PS commentary, our entire On Point suite of subscriber-exclusive content – including Longer Reads, Insider Interviews, Big Picture/Big Question, and Say More – and the full PS archive.
Subscribe Now
Es ist kein Zufall, dass arme Bevölkerungsgruppen am stärksten unter den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels zu leiden haben oder dass arzneimittelresistente Infektionen überproportional häufig einkommensschwache Gruppen betreffen. Doch der Klimawandel ist nicht das einzige globale Problem, das zur Zunahme der Antibiotikaresistenz in benachteiligten Gemeinschaften beiträgt.
Es bestehen zwar einige (wenn auch begrenzte) Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und Konflikten, hinlänglich bekannt ist jedoch die Verbindung zwischen Konflikten und arzneimittelresistenten Infektionen. Durch Konflikte sind Krankenhäuser überlastet und notwendige Behandlungen können nicht durchgeführt werden. Außerdem vergiften Konflikte die Umwelt und ermöglichen so das Wachstum neuer Bakterienstämme. Menschen in Konfliktgebieten haben ein hohes Infektionsrisiko, doch die Wahrscheinlichkeit einer Behandlung mit geeigneten Antibiotika ist gering.
Mikroorganismen wie Iraqibacter, die nach dem zweiten Golfkrieg in Erscheinung traten, erinnern daran, dass Konflikte nach wie vor eine wichtige und unterschätzte Ursache multiresistenter Infektionen sind. Auch hier bekommen vulnerable Menschen, die sich nicht einfach an einen sichereren Ort begeben können, die Auswirkungen am stärksten zu spüren.
Wenn es Grund zur Annahme gibt, dass zwischen Klimawandel und Konflikten ein Zusammenhang besteht, ist davon auszugehen, dass die von diesen Krisen betroffenen Gemeinschaften auch von einer unverhältnismäßig hohen Belastung durch antimikrobielle Resistenzen betroffen sind.
Ebenso wie im Fall des Zusammenhangs zwischen Klimawandel und Konflikten sind die durch Antibiotikaresistenz gefährdeten Menschen selten Teil der Diskussion darüber, wie das Problem zu lösen ist. Die in den Hauptstädten dieser Welt entworfenen Aktionspläne haben wenig Bezug zur Realität vor Ort. So sind sich beispielsweise Kleinbauern in Pakistan bewusst, dass die meisten verfügbaren Antibiotika bei ihrem Vieh oder Geflügel nicht mehr wirken, aber sie wissen nicht, was sie dagegen tun sollen. Die Behörden unternehmen keinerlei Anstrengungen, um mit ihnen praktikable Lösungen zu finden. Da den Landwirten nur wenige Möglichkeiten bleiben, erhöhen sie die verabreichten Dosen immer weiter oder stellen ihre eigenen Cocktails aus verfügbaren Medikamenten zusammen.
Eine echte, durchfinanzierte globale Anstrengung zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz, die von politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen unterstützt wird, ist längst überfällig. Neuere Studien liefern die notwendigen Daten, um das Thema in den Vordergrund der internationalen Diskussion zu rücken. Aber nach mehr als zwei Jahren der Covid-19-Pandemie scheint wenig Interesse zu bestehen, sich einer weiteren globalen Gesundheitskrise zu stellen.
Eine Möglichkeit, dem Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen mehr Dynamik zu verleihen, besteht vielleicht darin, nicht nur über die Krankheitserreger zu sprechen, sondern das Bewusstsein für die kombinierten Auswirkungen von Klimawandel, Konflikten und Arzneimittelresistenzen auf die Menschen und den Planeten zu schärfen. Beide sind durch das gleichzeitige Auftreten dieser Krisen in ihrer Gesundheit erheblich bedroht.
To have unlimited access to our content including in-depth commentaries, book reviews, exclusive interviews, PS OnPoint and PS The Big Picture, please subscribe
While the Democrats have won some recent elections with support from Silicon Valley, minorities, trade unions, and professionals in large cities, this coalition was never sustainable. The party has become culturally disconnected from, and disdainful of, precisely the voters it needs to win.
thinks Kamala Harris lost because her party has ceased to be the political home of American workers.
BOSTON – Der Klimawandel ist nicht die einzige Krise, die sich aufgrund unternehmerischer Gier, individuellen Fehlverhaltens, stockender internationaler Verhandlungen und eines fehlenden Gespürs für die Dringlichkeit des Problems aufseiten der Öffentlichkeit und der Politik auf einen Kipppunkt zubewegt. Genau die gleichen Faktoren haben auch zu einem dramatischen Anstieg der antimikrobiellen Resistenz beigetragen.
Das Ausmaß der von antimikrobieller Resistenz ausgehenden Bedrohung für die menschliche Gesundheit kann gar nicht hoch genug eingestuft werden. Schon jetzt trägt der Wirksamkeitsverlust von Antibiotika zu beinahe zu 1,2 Millionen Todesfällen jährlich bei. Dieser Wert liegt höher als bei HIV oder Malaria.
Einige Forscherinnen und Forscher haben auf die Ähnlichkeit der Schwierigkeiten im Kampf gegen Klimawandel und antimikrobielle Resistenzen hingewiesen. Bislang wurde jedoch kaum über die Schäden aufgrund dieser zeitgleich stattfindenden Krisen diskutiert.
Überall auf der Welt stehen Menschen, die in städtischen Slums leben, vor der doppelten Herausforderung aus klimabedingten Belastungen und nicht mehr wirksamen Medikamenten. Auch dort, wo Infektionen mit arzneimittelresistenten Keimen nicht staatlich erfasst werden, stellen lokal tätige Ärztinnen und Ärzte dieses Problem fest. In diesen Gebieten entwickeln sich resistente Bakterienstämme aufgrund der weit verbreiteten Verfügbarkeit minderwertiger Medikamente, des übermäßigen Einsatzes von Antibiotika und der Vermischung von Abwässern und Trinkwasser.
Einige Berichte deuten darauf hin, dass der Klimawandel zu Veränderungen der Krankheitsdynamik und der Arzneimittelresistenz führt. Zwar sind für den Beweis des Zusammenhangs noch weitere wissenschaftliche Untersuchung notwendig, fest steht aber bereits, dass der Klimawandel die Menschen zwingt, an Orte mit hoher Bevölkerungsdichte, zunehmender Armut und eingeschränkter Sanitärversorgung zu ziehen.
Ein derartiges Umfeld bietet ideale Bedingungen für die Entstehung von Infektionen mit arzneimittelresistenten Erregern. Tatsächlich traten einige der schwersten Ausbrüche der jüngsten Vergangenheit in einkommensschwachen städtischen Gegenden Südasiens mit hoher Umweltverschmutzung auf.
Introductory Offer: Save 30% on PS Digital
Access every new PS commentary, our entire On Point suite of subscriber-exclusive content – including Longer Reads, Insider Interviews, Big Picture/Big Question, and Say More – and the full PS archive.
Subscribe Now
Es ist kein Zufall, dass arme Bevölkerungsgruppen am stärksten unter den verheerenden Auswirkungen des Klimawandels zu leiden haben oder dass arzneimittelresistente Infektionen überproportional häufig einkommensschwache Gruppen betreffen. Doch der Klimawandel ist nicht das einzige globale Problem, das zur Zunahme der Antibiotikaresistenz in benachteiligten Gemeinschaften beiträgt.
Es bestehen zwar einige (wenn auch begrenzte) Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Klimawandel und Konflikten, hinlänglich bekannt ist jedoch die Verbindung zwischen Konflikten und arzneimittelresistenten Infektionen. Durch Konflikte sind Krankenhäuser überlastet und notwendige Behandlungen können nicht durchgeführt werden. Außerdem vergiften Konflikte die Umwelt und ermöglichen so das Wachstum neuer Bakterienstämme. Menschen in Konfliktgebieten haben ein hohes Infektionsrisiko, doch die Wahrscheinlichkeit einer Behandlung mit geeigneten Antibiotika ist gering.
Mikroorganismen wie Iraqibacter, die nach dem zweiten Golfkrieg in Erscheinung traten, erinnern daran, dass Konflikte nach wie vor eine wichtige und unterschätzte Ursache multiresistenter Infektionen sind. Auch hier bekommen vulnerable Menschen, die sich nicht einfach an einen sichereren Ort begeben können, die Auswirkungen am stärksten zu spüren.
Wenn es Grund zur Annahme gibt, dass zwischen Klimawandel und Konflikten ein Zusammenhang besteht, ist davon auszugehen, dass die von diesen Krisen betroffenen Gemeinschaften auch von einer unverhältnismäßig hohen Belastung durch antimikrobielle Resistenzen betroffen sind.
Ebenso wie im Fall des Zusammenhangs zwischen Klimawandel und Konflikten sind die durch Antibiotikaresistenz gefährdeten Menschen selten Teil der Diskussion darüber, wie das Problem zu lösen ist. Die in den Hauptstädten dieser Welt entworfenen Aktionspläne haben wenig Bezug zur Realität vor Ort. So sind sich beispielsweise Kleinbauern in Pakistan bewusst, dass die meisten verfügbaren Antibiotika bei ihrem Vieh oder Geflügel nicht mehr wirken, aber sie wissen nicht, was sie dagegen tun sollen. Die Behörden unternehmen keinerlei Anstrengungen, um mit ihnen praktikable Lösungen zu finden. Da den Landwirten nur wenige Möglichkeiten bleiben, erhöhen sie die verabreichten Dosen immer weiter oder stellen ihre eigenen Cocktails aus verfügbaren Medikamenten zusammen.
Eine echte, durchfinanzierte globale Anstrengung zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz, die von politischen Entscheidungsträgern auf allen Ebenen unterstützt wird, ist längst überfällig. Neuere Studien liefern die notwendigen Daten, um das Thema in den Vordergrund der internationalen Diskussion zu rücken. Aber nach mehr als zwei Jahren der Covid-19-Pandemie scheint wenig Interesse zu bestehen, sich einer weiteren globalen Gesundheitskrise zu stellen.
Eine Möglichkeit, dem Kampf gegen antimikrobielle Resistenzen mehr Dynamik zu verleihen, besteht vielleicht darin, nicht nur über die Krankheitserreger zu sprechen, sondern das Bewusstsein für die kombinierten Auswirkungen von Klimawandel, Konflikten und Arzneimittelresistenzen auf die Menschen und den Planeten zu schärfen. Beide sind durch das gleichzeitige Auftreten dieser Krisen in ihrer Gesundheit erheblich bedroht.
Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier