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Warum die Luftfahrt eine CO²-Steuer begrüßen sollte

LONDON – Die jüngsten katastrophalen Überschwemmungen in Deutschland und China führen uns einmal mehr die schreckliche globale Bedrohung durch den Klimawandel vor Augen. Wir müssen in die Stärkung unserer Widerstandsfähigkeit gegenüber extremen Wetterereignissen investieren und die Verringerung der Kohlendioxidemissionen beschleunigen, um das Ausmaß der Schwere dieser Bedrohung in Zukunft in Grenzen zu halten.

Einen Tag vor der Hochwasserkatastrophe in Deutschland im vergangenen Monat hat die Europäische Union Maßnahmen zur Senkung der Emissionen um 55% bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 vorgestellt. Diese Maßnahmen beinhalten eine bedeutende Rolle für die Bepreisung von Kohlenstoff mit einer strengeren Obergrenze für Emissionen im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems sowie die Abschaffung kostenloser Emissionszertifikate für die Schwerindustrie und eine Steuer auf konventionellen Flugzeugtreibstoff für innereuropäische Flüge.

Der letztgenannte Vorschlag ist in der Branche auf Widerstand gestoßen und der internationale Dachverband der Fluggesellschaften (International Air Transport Association, IATA) hält dagegen, dass „Steuern nicht die Antwort auf Nachhaltigkeit im Luftverkehr sind“. Tatsächlich sollte die Luftfahrtbranche, wie auch andere Sektoren, die Kohlenstoffbepreisung als wirksames Instrument zur kostenoptimalen Emissionsreduzierung nutzen.

In einigen Sektoren werden Verbraucher durch die Dekarbonisierung finanziell besser dran sein. So werden etwa die europäischen Autofahrer innerhalb von zehn Jahren deutlich weniger für den Besitz und Betrieb ihrer Autos ausgeben, weil Elektrofahrzeuge viel effizienter sind als Benzin- oder Dieselfahrzeuge.

Aber in einigen Branchen, in deren Produktionsprozessen Emissionen als „schwer vermeidbar („hard to abate“) gelten, wird die Dekarbonisierung mit Kosten verbunden sein. Die Frachtraten im Seeverkehr könnten um 50% oder mehr steigen, wenn Containerschiffe Ammoniak oder Methanol anstelle von Schweröl verbrennen. Ebenso könnten die Großhandelspreise für Stahl um etwa 30% steigen, wenn die Hersteller Wasserstoff als Reduktionsmittel anstelle von Koks verwenden oder bestehende Verfahren durch Kohlenstoffabscheidung und -speicherung ergänzen.

Die Bepreisung von CO²-Emissionen ist daher notwendig, damit Hersteller, die kohlenstofffrei produzieren, mit der alten Technologie mit hohem Schadstoffausstoß konkurrieren können, doch die Auswirkungen auf die Endverbraucher werden sehr gering sein. Wenn eine Tonne Stahl 30% mehr kostet, wird der Preis für ein Auto um weniger als 1% steigen. Und selbst eine Erhöhung der Seefrachtraten um 100% wird sich mit weniger als 1% auf den Preis einer in Bangladesch hergestellten und in Berlin oder New York gekauften Jeans auswirken.

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In der Luftfahrt – einem weiteren Sektor, in dem die Dekarbonisierung schwieriger ist – könnten Elektromotoren kürzere Flüge ermöglichen, die kohlenstofffrei, nicht mit Schuldgefühlen verbunden und billiger als heute sind. Da Batterien derzeit noch viel zu schwer sind, um den elektrischen Antrieb auf der Langstrecke zu realisieren, wird die Dekarbonisierung nachhaltige Flugkraftstoffe (Sustainable Aviation Fuel, SAF) erfordern, die den heutigen konventionellen Flugzeugtreibstoff ersetzen. Unabhängig davon, ob es sich bei diesen SAF um Biokraftstoffe oder synthetische Kraftstoffe handelt (die mit Hilfe von Elektrizität aus Wasserstoff und CO² hergestellt werden), werden sie mit ziemlicher Sicherheit mit einem Aufpreis verbunden sein, der durch Innovation und Skalierung zwar im Laufe der Zeit verringert, aber nie ganz beseitigt werden kann.

Freie Märkte, freiwillige Maßnahmen und Innovation werden daher nicht ausreichen, um den Luftverkehr klimaneutral zu gestalten ‒ auch die Politik ist gefragt. Eine Möglichkeit besteht darin, Biokraftstoffe oder synthetische Kraftstoffe billiger zu machen, und es gibt gute Gründe für eine öffentlich finanzierte Unterstützung der Technologieentwicklung. Eine dauerhafte Subventionierung, die es der Luftfahrtindustrie ermöglicht, die Kosten ihrer Kohlendioxidemissionen zu vermeiden, wäre jedoch inakzeptabel. Um die Kostenlücke zu schließen, bedarf es daher entweder einer CO²-Steuer auf konventionelles Kerosin oder Vorschriften zur Treibstoffnutzung, die die Fluggesellschaften zur Verwendung eines stetig steigenden Anteils von SAF verpflichten.

Der IATA argumentiert, dass solche Steuern „der Branche Geld entziehen würden, das in emissionssenkende Investitionen in Flottenerneuerung und saubere Technologien fließen könnte“. Dies spiegelt jedoch den weit verbreiteten Irrtum wider, dass Steuern, die die Geschäftskosten erhöhen, die Unternehmensgewinne verringern. Wenn die Steuer auf konventionellen Flugzeugtreibstoff schrittweise eingeführt wird, wie die EU vorschlägt, wird der Kostenanstieg an die Kunden in Form höherer Ticketpreise weitergegeben. Die Befürchtungen der Unternehmen, dass höhere Preise für CO²-Zertifikate zu geringeren Gewinnen führen, sind ebenso illusorisch wie die Träume grüner Lobbygruppen, dass sie die Wirtschaft „zur Kasse bitten“ können.

In der Luftfahrt wird sich eine Kohlenstoffsteuer zudem erheblich auf die Kosten für die Verbraucher auswirken. Die Kosten für Stahl, Zement und Schifffahrt machen nur einen sehr geringen Teil des Preises von Endverbraucherprodukten aus. Flugbenzin hingegen schlägt mit etwa 20% der Gesamtkosten im Luftverkehr zu Buche. Wenn also die Treibstoffkosten um 50% steigen, könnten die Ticketpreise um rund 10% steigen.

Aber wenn das die Kosten für die Dekarbonisierung des Luftverkehrs sind, müssen wir das den Verbrauchern offen sagen und die höheren Preise im Zusammenhang betrachten. Teurere Flugtickets werden den Lebensstandard der Verbraucher nicht wesentlich beeinträchtigen, da Flugreisen nur etwa 3% der gesamten Verbraucherausgaben im Vereinigten Königreich ausmachen. Indessen werden viele Menschen stärker durch einen günstigeren Individual- und Straßengüterverkehr profitieren, als sie durch einen teureren Flugverkehr einbüßen. Auch werden die höheren Flugkosten keine regressive Verteilungswirkung haben.

In einem anderen wichtigen Sektor – dem Heizen von Wohngebäuden – trifft die höhere CO²-Bepreisung tatsächlich unverhältnismäßig stark einkommensschwächere Haushalte, deren Heizkosten bis zu 10% des verfügbaren Einkommens betragen können. Daher sollte jede Kohlenstoffsteuer durch eine erhebliche finanzielle Unterstützung für die am stärksten Betroffenen ausgeglichen werden. Der Anteil der Ausgaben für den Luftverkehr an den Gesamtausgaben sinkt dagegen bei geringerem Einkommen. Die reicheren Verbraucher werden also den Löwenanteil der höheren Kosten tragen.

Gleichzeitig werden in der Luftfahrt (und anderswo) die Kohlenstoffpreise starke Anreize zur Kostensenkung bieten. Höhere Preise für konventionelles Kerosin werden, wenn sie rechtzeitig signalisiert werden und insbesondere wenn sie mit Vorschriften für die Treibstoffnutzung kombiniert werden, solide Geschäftsmodelle für die Herstellung von Biokraftstoffen oder synthetischen Kraftstoffen schaffen, die Innovation anregen und der Branche ermöglichen, Größenvorteile zu erzielen und Kosten zu senken. Und die Erwartung höherer Treibstoffkosten in der Zukunft wird zu einer verbesserten Konstruktion von Motoren und Flugzeugen führen. Dadurch könnte die Treibstoffeffizienz letztlich um 30-40% gesteigert werden, was die langfristigen Auswirkungen höherer Treibstoffkosten auf die Ticketpreise deutlich verringern würde.

Einige Umweltschützer hoffen, die Emissionen des Luftverkehrs durch die Beschränkung von Flugreisen zu verringern. Die Luftverkehrsbranche argumentiert zu Recht, dass kohlenstoffarme Flüge machbar sind. Damit dies so schnell wie möglich Realität wird, sollte die Branche die CO²-Bepreisung begrüßen und sich für ihre Anwendung nicht nur in Europa, sondern weltweit einsetzen.

Aus dem Englischen von Sandra Pontow

https://prosyn.org/S6ydhsede