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Der neue IWF

WASHINGTON, DC – Wenn sich die Minister in diesem Monat beim Frühjahrstreffen des IWF treffen, werden sie eine Institution vorfinden, deren Selbstbewusstsein wieder erstarkt ist. Der Londoner G-20-Gipfel hat das Mandat des IWF gestärkt und gleichzeitig seine Mittel verdreifacht. Für Niedriglohnländer werden mehr Finanzmittel zu günstigen Bedingungen zur Verfügung stehen, und die internationale Liquidität wird durch die Vergabe von Sonderziehungsrechten (SZR) in Höhe von 250 Milliarden Dollar gesteigert. Das gibt dem IWF Auftrieb und bedeutet Hoffnung für die Schwellen- und Entwicklungsländer, die schwer von einer Krise getroffen wurden, die anderswo ihren Ausgang nahm.

Der IWF ist in einer guten Position, um seinen Mitgliedern beim Überwinden der Finanzierungslücken zu helfen, die aus der Krise resultieren. Im Vorfeld des G-20-Gipfels wurde der Zugang zu den Kreditfazilitäten des Fonds erhöht, und die Bedingungen wurden modernisiert. Im Gegensatz zur früheren Praxis wurde eine neue bedingungslose Kreditlinie für leistungsstarke Länder eingeführt. Mexiko und Polen sind die ersten Nutznießer, und es werden sich weitere Länder einreihen. Diese flexiblere Kreditpolitik spiegelt ein neues Image des IWF wider. Das negative Stigma, das der IWF-Finanzierung anhaftete, gehört der Vergangenheit an.

Da nun seine finanzierende Rolle in dieser Krise gesichert ist, muss der IWF jetzt seine Position als Hüter eines offenen internationalen Finanzsystems stärken. Der IWF wurde gegründet, um Krisen wie die gegenwärtige zu verhindern, und hat dabei versagt. Zugegebenermaßen gab es Warnungen, aber die politischen Entscheidungsträger, insbesondere in den Industrieländern, folgten ihnen nicht.

Der „neue“ IWF sollte eine Institution sein, die besser mit ihren Mitgliedern kommuniziert, die Interessen der Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländer unparteiisch ausbalanciert und seine Politik besser an die aktuellen Erfordernisse anpasst. Nun, da der IWF eine zweite Lebenszeit bekommen hat, muss er seine zentrale Position im internationalen Finanzsystem zurückgewinnen. Dafür muss er sich auf drei Punkte konzentrieren: eine verbesserte Überwachung der Finanzstabilität, stärkere internationale Koordination und einen moderneren Entscheidungsfindungsprozess.

Der neue IWF muss sich lauter zu Fragen der globalen Finanzstabilität äußern. Der IWF sollte dafür sorgen, dass es bei der Überwachung von Finanzinstituten keine Lücken gibt. Er kann zur Ausgestaltung eines stabileren globalen Aufsichtssystems beitragen, welches aufgebaut werden muss, um die Vorteile der globalen Finanzmärkte zu bewahren. Und er sollte dazu beitragen, eine Vision für eine zukünftige Finanzlandschaft zu entwickeln.

Zu diesem Zwecke sollte die IWF-Überwachung regelmäßige Aktualisierungen des Aufsichtssystems in systemisch wichtigen Ländern beinhalten. Frühwarnungen, die von den G-20 in Auftrag gegeben würden, sollten spezifisch sein, und der IWF sollte darüber wachen, ob die Entscheidungsträger dem Rat des Fonds Folge leisten.

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Der neue IWF muss die internationale Politikkoordination aus einem frischen Blickwinkel betrachten. Die Forderung nach einer anderen Währungsordnung, wie China sie befürwortet, bereitet den Boden für einen erneuten Versuch, die internationalen Ungleichgewichte zu verhindern, die der Krise zugrunde lagen.

Zuerst muss das US-Spardefizit dauerhaft angegangen werden. Zweitens muss China seine Währung konvertierbar machen. Drittens wird die Position des Euro mit der Zeit stärker, wenn mehr Länder dem Euroraum beitreten.

Wenn es mehr Leitwährungen gibt, rückt die Aussicht auf ein wirklich multipolares Währungssystem näher, mit einer größeren Rolle für die SZR. Dies wird dazu führen, dass aufstrebende Wirtschaftsnationen weniger das Bedürfnis verspüren, sich gegen finanzielle Instabilität selbst absichern zu müssen, indem sie große Reserven anhäufen.

Und schließlich braucht der neue IWF Verwaltungsstrukturen, die die neuen globalen Gegebenheiten von heute besser widerspiegeln. Der Eindruck, dass die Industrieländer die Geschäfte im Fonds leiten, sich aber nicht an den Rat des Fonds halten, hat die Autorität des IWF untergraben.

Der G-20-Gipfel kennzeichnet die Rückkehr der Vereinigten Staaten zum Multilateralismus. Diese Akzeptanz der kollektiven Verantwortung sollte mit der Aufgabe des US-Vetorechts im IWF einhergehen, indem die erforderlichen Stimmenmehrheiten gesenkt und Europas Vorrecht, den geschäftsführenden Direktor zu ernennen, aufgegeben wird. Eine der Stärken der aktuellen Verwaltungsstruktur des IWF, das Wahlkreissystem, sollte auch in den G-20 kopiert werden, damit die Einbeziehung aller gewährleistet wird.

Das rapide Wachstum Chinas, Indiens und anderer Schwellenländer sollte auch größeren Einfluss bedeuten, was durch die geplante Quotensteigerung 2011 umgesetzt wird. Die Industrieländer, zu denen auch die europäischen Länder gehören, werden eine relative Verminderung ihrer Stimmmacht erleben. Mehr Einfluss für die aufstrebenden Wirtschaftsnationen bedeutet auch, mehr internationale Verantwortung zu übernehmen, auch finanziell.

Derzeit finanzieren die europäischen Länder 42 % der IWF-Kredite und 62 % der Weltbankkredite zu günstigen Bedingungen. Diese Aufgabe werden die Schwellenländer mit großen Reserven teilen müssen. Diese Reserven werden besser genutzt, wenn damit der IWF unterstützt wird, ein offenes und stabiles Finanzsystem zu unterhalten und zu verhindern, dass Krisen wie diese erneut auftreten.

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