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Giorgia Melonis Balance-Akt

ROM: Als Giorgia Meloni am 25. Oktober ihre Antrittsrede im italienischen Parlament hielt, wusste man, nicht, wem man Glauben schenken sollte: der Sprache oder der Körpersprache, der Botschaft oder der Wortwahl. Meloni, eine ehemalige Bewunderin Benito Mussolinis und jugendliche neofaschistische Aktivistin, deren Partei Fratelli d’Italia die neue Regierungskoalition anführt, herrscht nun über die zerfallende politische Klasse eine alternden Landes. Wie beabsichtigt Italiens erste (und, mit 45 Jahren, zweitjüngste) Ministerpräsidentin, die von einer alleinerziehenden Mutter in einem der sozialen Brennpunkte Roms großgezogen wurde, ein Land zu regieren, das für seine geringe soziale Mobilität und die zweitniedrigste weibliche Beschäftigungsrate in der Europäischen Union bekannt ist?

Meloni hat sich selbst als „Underdog, der die Prognosen auf den Kopfgestellt hat“ bezeichnet und hinzugefügt: „Ich plane, es wieder zu tun.“ Doch wie immer bei Meloni ist entscheidend, was zu betrachten man beschließt. Form und Inhalt stehen so stark im Widerspruch zueinander, dass Gemäßigte wie Rechtsextreme etwas finden können, was ihnen zusagt. Die scharfen Gesten, feurigen Augen, das Schreien ins Mikrofon sind sämtlich typisch faschistische Stilelemente. Aber dann zitiert sie Montesquieu und bestreitet, je irgendwelche Sympathien für illiberale Regime gehegt zu haben – selbst nachdem sie Ungarns autokratischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán als Ehrengast zu den beiden letzten Jahrestagungen ihrer Partei einlud.

Die erste Verordnung ihrer Regierung zeigt die Kluft zwischen ihrem Hintergrund und dem, was sie in einer konstitutionellen Demokratie denkbar erreichen kann. Vorgeblich mit dem Ziel, Technopartys zu verhindern, belegte die Verordnung Teilnehmer nicht genehmigter Versammlungen von mehr als 50 Personen mit einem Strafmaß von bis zu sechs Jahren Haft, sofern diese Versammlungen als „gefährlich“ einzustufen seien. Der Sturm der Entrüstung, der hierauf – selbst in Teilen ihrer Koalition – folgte, wird sie zu einem Rückzieher zwingen.

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