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Warum „der Rest" den Westen ablehnt

LONDON – Während der Krieg im Gazastreifen nun schon den vierten Monat andauert, stehen viele Menschen im Nahen Osten und im Globalen Süden unter dem Eindruck der Grausamkeit der israelischen Militäraktion und der uneingeschränkten Unterstützung dieser Kampagne durch westliche Regierungen. Für diese Menschen ist dies ebenso sehr der Krieg des US-Präsidenten Joe Biden wie der des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu, und die anhaltende Gleichgültigkeit gegenüber dem Ausmaß der Verwüstung hat erneut gezeigt, wie wenig arabische Menschenleben den westlichen Führern wert zu sein scheinen.

Wer den Kalten Krieg miterlebte und sah, wie westliche Mächte mit postkolonialen Staaten und deren Bevölkerungen umgegangen sind, kann die jüngsten Ereignisse nur allzu gut nachvollziehen. Wie ich in meinem neuen Buch What Really Went Wrong: The West and the Failure of Democracy in the Middle East darlege, haben die Vereinigten Staaten und andere westliche Länder – insbesondere das Vereinigte Königreich - fast ein Jahrhundert lang eine interventionistische, militaristische und antidemokratische Außenpolitik verfolgt, die die Interessen der Menschen im Nahen Osten weitgehend ignorierte. Historisch waren westliche Entscheidungen von dem Wunsch geleitet, den Kommunismus zurückzudrängen und die Vorherrschaft des liberalen Kapitalismus zu sichern.

Um diese beiden Ziele zu erreichen, stellten die USA die führenden Politiker des Nahen Ostens vor die Wahl einer Nullsummenlösung: Entweder sie schließen sich regionalen Verteidigungsbündnissen unter westlicher Führung an und öffnen ihre Wirtschaft für das globale Kapital, oder sie gelten fortan als Feind. Im Namen der Aufrechterhaltung der Stabilität und der Sicherung eines ununterbrochenen Flusses an billigem Öl schlossen die westlichen Mächte Teufelspakte mit den Autokraten des Nahen Ostens und trugen aktiv zum Niedergang der aufkeimenden demokratischen Bewegungen bei.

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