Die asiatische Achse nuklearer Abrüstung

WASHINGTON, DC – Im Jahr 2009 hat US-Präsident versprochen, sich um eine Welt ohne Nuklearwaffen zu bemühen. Zwar hat er hat ein Jahr später sein Versprechen gehalten, mit Russland ein Abkommen zur Reduzierung strategischer Waffen zu treffen, aber seitdem sind die Fortschritte zum Erliegen gekommen. Um die Blockade zu lösen, müssen die bilateralen Verhandlungen, die sich seit dem Kalten Krieg kaum verändert haben, auf einen trilateralen Rahmen ausgeweitet werden, der China mit einschließt.

Solch eine Veränderung würde jedoch die Verhandlungen deutlich verkomplizieren. Nach Jahrzehnten bilateralen Dialogs haben die Vereinigten Staaten und Russland ein gutes Gefühl für die gegenseitigen strategischen Sichtweisen – einschließlich der Konfliktthemen. Chinas Ansichten über strategische Stabilität dagegen sind unvertraut. Aber trilaterale Dialoge mithilfe geschickter US-Diplomatie könnten auch eine Gelegenheit darstellen, die strategischen Beziehungen der Länder zu verbessern, die momentan durch Widersprüche und Misstrauen gekennzeichnet sind.

Russland sucht in seiner Ablehnung amerikanischer Raketenabwehrsysteme Chinas Unterstützung und verlangt für zukünftige Gespräche über die Kontrolle strategischer Waffen die Teilnahme aller Nuklearstaaten, äußert aber Bedenken über die militärische Modernisierung Chinas, um damit seine Weigerung zu rechtfertigen, mit der NATO über die Reduzierung taktischer Atomwaffen zu verhandeln. China akzeptiert keine rechtlich bindenden Grenzen für Atomwaffen oder strategische Trägersysteme und lehnt Russlands Aufforderung zu Verhandlungen ab – ein Standpunkt, den die USA unterstützen, bis die russischen und US-amerikanischen Nukleararsenale sich größenmäßig an diejenigen Chinas annähern.

Gleichzeitig dementieren US-Politiker, dass ihre Raketenabwehrsysteme gegen Russland oder China gerichtet seien, weigern sich aber, eine rechtlich bindende Garantie abzugeben. Und das US-Verteidigungsministerium entwickelt ein umfangreiches Programm konventioneller Langstreckenraketen, was von China und Russland wiederum als Rechtfertigung genutzt wird, ihre nuklearen Offensivwaffensysteme zu stärken.

Obwohl in manchen Fällen wie dem Atomwaffensperrvertrag multilaterale Kooperation zu Nuklearthemen erfolgreich war, blieb sie in anderen Fällen erfolglos, wie beispielsweise beim Versuch, die Spannungen mit dem Iran oder Nordkorea zu lösen. Sogar wenn China, Russland und die USA gleiche Ziele haben, passiert es oft, dass diese durch ihre unterschiedlichen diplomatischen Taktiken unterminiert werden.

Beispielsweise trägt die Politik aller drei Länder unbeabsichtigt zum Proliferationsdruck in Asien und Europa bei. Versprechen der USA, Japan gegen einen nuklearen Angriff aus China oder Nordkorea zu verteidigen, haben eine wichtige Rolle dabei gespielt, die Japaner davon abzuhalten, eigene Atomwaffen anzustreben. Angesichts dessen könnte eine chinesische Nuklearaufrüstung – auch wenn sie nicht zur Parität zwischen den USA und China führt – die Glaubwürdigkeit amerikanischer Abschreckungsverpflichtungen gefährden und möglicherweise Japan dazu motivieren, ein eigenes Nuklearprogramm zu starten.

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Ebenso machen sich einige der neueren NATO-Mitglieder, darunter Staaten des ehemaligen Sowjetblocks, Sorgen über eine mögliche russische Wiederbewaffnung. Daher widersetzen sie sich den Bemühungen, die Anzahl amerikanischer Atomwaffen in Europa zu reduzieren, die Teil der NATO-Strategie des “nuklearen Aufteilens” sind.

Das vielleicht größte Hindernis für einen trilateralen Dialog ist der chinesische Widerstand gegen formale Vereinbarungen zur Kontrolle von Nuklearwaffen, der in der Erinnerung an Nichtverbreitungsinitiativen während des Kalten Krieges wurzelt, die teilweise darauf abzielten, China von der Entwicklung seiner eigenen atomaren Abschreckung abzuhalten. Seitdem haben die chinesischen Politiker darauf bestanden, an den US-russischen Gesprächen über strategische Waffen nicht teilzunehmen, da die Nukleararsenale dieser beiden Länder ihrem eigenen überlegen sind.

Aber im Zuge der Verkleinerung amerikanischer und russischer Atomwaffenlager verliert diese Entschuldigung an Plausibilität, und der Ausschluss Chinas von den Verhandlungen wird zunehmend zu einem Hindernis für die Abrüstung. Damit die USA und Russland sicher sein können, dass weitere Einschnitte bei den strategischen Waffen die globale und regionale Stabilität nicht unterminieren, ist eine bindende Verpflichtung der chinesischen Regierung zur Begrenzung ihrer nuklearen Expansion dringend erforderlich.

Zum Abbau der Hindernisse für trilaterale Kooperation könnten einige aktuelle Entwicklungen beitragen: Die neue chinesische Führung entfernt sich weiter von der reflexartigen Opposition der Mao-Ära gegen Nuklearverhandlungen; das Vertrauen der russischen Führung in die wirtschaftliche und militärische Wiederauferstehung Russlands sinkt; und beide Länder sind zunehmend frustriert über den mangelnden Fortschritt bei den atomaren Gespräche mit Nordkorea und dem Iran. In der Zwischenzeit würden viele amerikanische Wähler angesichts des riesigen Haushaltsdefizits Ausgabenkürzungen im Nuklearwaffenbereich befürworten.

Die USA sollten sich diese Lage zunutze machen und die russischen Bedenken und Interessen dazu einsetzen, China zur Teilnahme an Waffenkontrollinitiativen zu bewegen. China könnte sich bereit erklären, eine unilaterale, aber durchsetzbare Verpflichtung zur Begrenzung seines Atomarsenals einzugehen, wenn Russland und die USA ihres weiter reduzieren. Die Bedingungen zu untersuchen, unter denen solche Begrenzungen eingeleitet und aufrecht erhalten werden können, ist zur Wiederbelebung der Bemühungen zur nuklearen Abrüstung von entscheidender Bedeutung.

Mit Unterstützung Russlands ist es die Aufgabe der USA, die Transformation der Nuklearverhandlungen voranzubringen – was bedeutet, China von einer Teilnahme zu überzeugen.

Aus dem Englischen von Harald Eckhoff

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