kolesnikov12_ Alexei DruzhininTASS via Getty Images_putin Alexei Druzhinin/TASS via Getty Images

Der Caudillo im Kreml

MOSKAU – Der russische Präsident Wladimir Putin hat die wahren Absichten seines Regimes gezeigt. Durch eine Verfassungsänderung, die ihm ermöglicht, bis 2036 im Amt zu bleiben, und durch Einbindung konservativer neuer Formulierungen hat er seine wackelige Maske demokratischer Legitimität fallen lassen. Doch während Putin versucht, seine Herrschaft festigen, sieht sein Regime schwächer aus denn je.

In der Stadt Chabarowsk gingen in den letzten Wochen Zehntausende von Demonstranten auf die Straße und skandierten „Tritt zurück, Putin!“ Sie sind nicht allein. Auch wenn Putins Zustimmungsrate hoch erscheinen mag, ist sie nach russischem Standard niedrig. Tatsächlich ist seine Zustimmungsrate von 59-60% während der letzten Monate seine niedrigsteseit Oktober 1999, als er Ministerpräsident war. Und sie dürfte sich aus einem einfachen Grund kaum wesentlich verbessern: Putin bewährte Methoden, Unterstützung zu gewinnen, haben ihre Wirkung eingebüßt.

Die COVID-19-Pandemie hat Russland schwer getroffen, und zwar sowohl was die öffentliche Gesundheit als auch was die wirtschaftlichen Folgen angeht. Der steile Rückgang der Ölexporte – der wichtigsten Säule der russischen Wirtschaft – hat zu einem Einbruch bei den Haushaltseinnahmen geführt. Infolgedessen bröckelt die stillschweigende Übereinkunft des Kremls mit der Bevölkerung: Wir sorgen für eure Grundbedürfnisse, und ihr beschwert euch nicht.

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