Kein Ende der Großen Malaise

NEW YORK – In den fünf Jahren seit Ausbruch der globalen Finanzkrise im Jahr 2008 haftet dem Verfassen von Jahresrückblicken etwas Trostloses an. Ja, wir haben eine Zweite Große Depression abgewendet, aber nur um in eine Große Malaise zu schlittern, mit kaum steigenden Einkommen für große Teile der Bevölkerungen in den Industrieländern. Im Jahr 2014 ist mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung zu rechnen.

In den Vereinigten Staaten hält die scheinbar unaufhaltsame Talfahrt der Medianeinkommen weiter an; die Einkommen männlicher Arbeitnehmer sind unter jene Niveaus gefallen, die sie bereits vor über 40 Jahren erreichten. Europas W-förmige Rezession ist 2013 zwar zu Ende gegangen, aber niemand kann verantwortungsvollerweise behaupten, dass im Anschluss eine Erholung eingesetzt hätte. Über 50 Prozent der jungen Menschen in Spanien und Griechenland sind weiterhin arbeitslos. Daten des Internationalen Währungsfonds zufolge muss Spanien in den nächsten Jahren mit einer Arbeitslosigkeit von über 25 Prozent rechnen.

Die eigentliche Gefahr für Europa besteht darin, dass sich möglicherweise ein Gefühl der Selbstzufriedenheit breitmacht. Im Laufe des Jahres konnte man miterleben, wie sich das Tempo entscheidender institutioneller Reformen in der Eurozone verlangsamte. So braucht die Währungsunion beispielsweise eine echte Bankenunion – zu der nicht nur eine gemeinsame Aufsicht, sondern auch eine gemeinsame Einlagensicherung und ein gemeinsamer Abwicklungsmechanismus gehören – sowie Eurobonds oder ein ähnliches Instrument zur Vergemeinschaftung von Schulden. Allerdings ist die Eurozone von der Einführung jeder dieser Maßnahmen genauso weit entfernt wie vor einem Jahr.

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