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Ist ein Atomkrieg unvermeidlich

CAMBRIDGE, MASS.: Russlands Invasion der Ukraine und sein nukleares Säbelrasseln gegenüber dem Westen haben die Debatte über Atomwaffen wieder aufleben lassen. Im vergangenen Jahr, als ein UN-Abkommen zum vollständigen Verbot derartiger Waffen in Kraft trat, war keiner der neun Atomwaffenstaaten der Welt unter den 86 Unterzeichnern. Wie können diese Staaten den Besitz von Waffen rechtfertigen, die die gesamte Menschheit in Gefahr bringen?

Dies ist eine berechtigte Frage, doch muss man sie zusammen mit einer anderen erwägen: Würden die USA das Abkommen unterzeichnen und ihr eigenes Arsenal vernichten, wären sie dann noch in der Lage, vor einer weiteren russischen Aggression in Europa abzuschrecken? Wenn die Antwort hierauf „Nein“ lautet, muss man zudem erwägen, ob ein Atomkrieg unvermeidlich ist.

Das ist keine neue Frage. Der britische Wissenschaftler und Romancier C. P. Snow kam 1960 zu dem Schluss, dass ein Atomkrieg innerhalb eine Jahrzehnts mit „mathematischer Gewissheit“ eintreten würde. Das mag eine Übertreibung gewesen sein, doch waren viele der Ansicht, dass Snows Prognose bei Annahme eines Krieges innerhalb eines Jahrhunderts gerechtfertigt wäre. In den 1980er Jahren warnten Nuclear-Freeze-Aktivisten wie Helen Caldicott in einem Echo auf Snow, dass die atomare Aufrüstung „einen Atomkrieg zur mathematischen Gewissheit machen wird“.

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