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Gaza und das Ende der deutschen Willkommenskultur

NEW YORK – „ Es kommen zu viele” erklärte Kanzler Olaf Scholz kürzlich in einem Interview mit dem Wochenmagazin Der Spiegel. Der ernste Blick des Bundeskanzlers auf dem Titelbild unterstreicht die Tragweite seiner Erklärung: „Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben.”

Eine derart erklärungsbedürftige Botschaft des Chefs der deutschen Ampelkoalition wird als Wendepunkt in der innenpolitischen Debatte über Migration angesehen. Doch in vielerlei Hinsicht ist Scholz' eindringliche Sprache Ausdruck eines tiefgreifenden, seit langem schwelenden Politikwechsels.

Im Juni setzte sich Scholz über Widerstände innerhalb seiner Koalition hinweg und half bei der Durchsetzung eines umfassenden Migrationsabkommens zur Überarbeitung der Asylverfahren der Europäischen Union. Die geplanten neuen Regeln würden es der EU ermöglichen, Verfahrenszentren an ihren Außengrenzen zu errichten. In seiner Rede vor dem Bundestag erklärte Scholz, die Umstrukturierung des „völlig dysfunktionalen” europäischen Einwanderungssystems sei eine „historische“ Errungenschaft.

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