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Der kluge Gradualismus der EZB

STANFORD – In diesem Monat haben die wichtigsten Zentralbanken der Welt einen Gang zurückgeschaltet und Pläne für eine straffere Geldpolitik angekündigt. Es gab jedoch eine bemerkenswerte Ausnahme: die Europäische Zentralbank erklärte, sie werde die Zinssätze im Jahr 2022 nicht erhöhen, obwohl sie sich der heutigen Inflationsrisiken durchaus bewusst sei.

Im Gegensatz dazu erwartet die US-Notenbank nun, dass sie ihren Leitzins im Jahr 2022 dreimal anheben wird, und die Bank of England hat ihren Leitzins bereits um 15 Basispunkte erhöht. Um ein früheres Versprechen einzuhalten, die Zinsen erst nach Auflösung ihrer Bilanz zu erhöhen, wird die Fed außerdem den Abbau ihrer monatlichen Wertpapierkäufe beschleunigen.

Bedeutet dies, dass die EZB „inflationsfreundlich“ ist und unter den großen Zentralbanken der Welt eine friedliche Außenseiterposition einnimmt? Hat Deutschlands beliebtestes Boulevardblatt, die Bild-Zeitung, Recht, wenn sie die EZB-Präsidentin Christine Lagarde spöttisch „Madame Inflation“ nennt?

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