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Die neue französisch-italienische Allianz in Europa

STANFORD – Italiens Premierminister Mario Draghi und der französische Präsident Emmanuel Macron stehen kurz vor der Unterzeichnung eines bilateralen Abkommens – des nach dem bekannten römischen Palast benannten Quirinalvertrags – im Rahmen dessen die industrielle und strategische Kooperation der beiden Länder vorangetrieben werden soll. Doch diese neue Machtachse zwischen Paris und Rom wird womöglich noch viel mehr bewirken, könnte sie doch die Führungsdynamik innerhalb der gesamten Europäischen Union verändern.

Die sich abzeichnende Allianz zwischen Draghi und Macron erscheint vielleicht eigentümlich, denn mancherorts wird in Frankreich auf die Italiener hinabgesehen. Persönlich habe ich in dieser Hinsicht einiges in meiner Zeit in Aix-en-Provence erlebt, einem Ort, wo sich die französische und die italienische Kultur oftmals rivalisierend gegenüberstehen und in Konflikt geraten. Doch nun, da der überaus kompetente und erfahrende Draghi das Sagen hat, fällt es viel schwerer, die Italiener für ihre Politik scharf zu kritisieren.

Nur zehn Monate nach seinem Amtsantritt hat sich Draghi zu einem der angesehensten und einflussreichsten Politiker Europas gemausert. Unmittelbar vor dem G20-Gipfel in Rom im vergangenen Monat traf er sich privat mit US-Präsident Joe Biden - ein Stelldichein, das von Draghis hohem Ansehen im transatlantischen Bündnis zeugt. Der New York Times zufolge machte Biden deutlich, dass „Italien und die Vereinigten Staaten zeigen müssen, dass Demokratien erfolgreich funktionieren können und dass Draghi genau das vor Augen führt.”

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