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Der IWF muss modernisiert werden

PRINCETON – Das internationale System der wirtschaftspolitischen Governance befindet sich an einem Wendepunkt. Die Bretton-Woods-Institutionen – der Internationale Währungsfonds und die Weltbank – erscheinen nach 70 Jahren unzeitgemäß, wobei man vielerorts ihre Legitimität überhaupt in Frage stellt. Wollen diese Institutionen ihre Bedeutung erhalten, müssen echte Veränderungen herbeigeführt werden.

Vor allem der IWF ist mit Herausforderungen von allen Seiten konfrontiert. In den Vereinigten Staaten steht der Kongress nicht nur bei internationalen Fragen wie dem Handel auf der Bremse, sondern auch hinsichtlich der Umsetzung von Reformen, die eine Ausweitung der Rolle der Schwellenländer innerhalb des IWF vorsehen. Europa seinerseits hat den Fonds in die Schuldenkrise hineingezogen, wobei Griechenland bereits mit einer Rate der Rückzahlung seines IWF-Kredits im Rückstand ist (obwohl der Fonds dies nicht als Zahlungsausfall bezeichnet). Und in Asien ist der IWF aufgrund seiner fehlerhaften Reaktion auf die Finanzkrise der Region in den späten 1990er Jahren nach wie vor mit einem Stigma behaftet.    

Wie kann der IWF seine Funktion als Hüter der internationalen Finanzstabilität nun wiedergewinnen? Eine Lösung könnte darin bestehen, den chinesischen Renminbi zu dem Währungskorb hinzuzufügen, der den Wert seiner Sonderziehungsrechte (SZR) - der internationalen Reservewährung des IWF - bestimmt.

Die SZR wurden 1969 ins Leben gerufen, um dabei zu helfen, die Welt vor den Gefahren einer Liquiditätsverknappung zu schützen. Zunächst verfügten die SZR über den gleichen Wert wie der US-Dollar, der sich auf Grundlage einer bestimmten Goldmenge definierte. Als jedoch US-Präsident Richard Nixon im Jahr 1971 die internationale Konvertierbarkeit des Dollars in Gold beendete, führten große Teile der Welt ein System der fluktuierenden Wechselkurse ein, innerhalb dessen der Wert einer Währung starken Schwankungen unterliegen kann.

Um den Wert der SZR zu stabilisieren, beschlossen die politischen Entscheidungsträger 1974, den SZR die Währungen jener 16 Länder zugrunde zu legen, die zumindest 1 Prozent des Welthandels repräsentierten. Doch angesichts der Tatsache, dass viele dieser Währungen nur in begrenztem Rahmen gehandelt wurden, erwies sich dieser große Währungskorb als unwirksam. Die SZR waren somit keine Alternative als Wertspeicher und wiesen geringere Erträge als andere Reservewährungen auf.

Im Jahr 1981 wurde der SZR-Währungskorb überarbeitet und enthielt ab diesem Zeitpunkt nur mehr die Währungen der größten Akteure der Weltwirtschaft:  Frankreich, Deutschland, Japan, Großbritannien und die Vereinigten Staaten. Die neue Zusammensetzung war einfach genug, um von Anlegern leicht verstanden zu werden und stabil genug, um Schwankungen der Wechselkurse standzuhalten. Eine weitere Straffung erfuhr der Währungskorb, als der französische Franc und die D-Mark durch den Euro ersetzt wurden.

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Da die Welt jedoch seit 1971 mit keinem echten Liquiditätsengpass konfrontiert war, hielt sich die Verwendung der SZR als weltweite Reservewährung in Grenzen. Vor der jüngsten globalen Finanzkrise entfielen lediglich 0,5 Prozent der Devisenreserven auf die SZR. Selbst nach den beträchtlichen Zuweisungen im Jahr 2009 – die dazu bestimmt waren, die Währungsreserven der IWF-Mitglieder zu ergänzen und ihnen damit die Bewältigung der Krise zu erleichtern – lag ihr Anteil bei höchstens 3,7 Prozent. Kurzum: die SZR dienen eher als Rechnungseinheit des IWF und weniger als Reservewährung.

Dennoch können SZR von echtem Wert sein und als stabile Referenzeinheit in Zeiten zunehmender Wechselkursvolatilität dienen. Seit Januar, als die Schweiz als Reaktion auf die Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar die Bindung des Franken an die europäische Einheitswährung aufgab, erlebt die Wirtschaft des Landes einen Abschwung. Das unterstreicht den Wert einer stabilen Reserve-Einheit, an die kleinere Länder, insbesondere in Zeiten zunehmender Wechselkursvolatilität, ihre Währungen koppeln können.

Wenn die SZR diese Rolle übernehmen sollen, müssen sie natürlich breitere Verwendung finden.  Vor allem aber sollten sie auf dem Privatsektor gehandelt werden und als Grundlage der privaten Kreditaufnahme dienen. Unter diesen Umständen müsste der Währungskorb allerdings umfassender konzipiert sein und auch die Währungen großer Schwellenländer, beginnend bei China, enthalten.  

Im Gegensatz zu den Äußerungen mancher Gegner erfüllt der chinesische Renminbi sehr wohl die Aufnahmekriterien des SZR-Währungskorbs. Zunächst handelt es sich um eine echte globale Währung. Ein Viertel des umfangreichen internationalen Handels des Landes wird in Renminbi verrechnet (China ist der zweitgrößte Exporteur der Welt und für ein Achtel der weltweiten Exporte verantwortlich).

Überdies erfüllt der Renminbi mittlerweile die Bedingung „frei verwendbar“ zu sein – das war im Jahr 2010 nicht der Fall, als China erstmals versuchte, seine Währung dem SZR-Währungskorb hinzuzufügen. Seit der Umsetzung einer Reihe von Reformen auf nationaler Ebene, die darauf abzielen, die Verwendung des Renminbi im internationalen Zahlungsverkehr zu stärken, stieg die Währung auf der Rangliste der meistverwendeten Zahlungsmittel auf Rang fünf auf und wird mittlerweile bei über 2 Prozent dieser Transaktionen verwendet. Dieser Anteil mag nicht allzu hoch erscheinen, er liegt aber nur weniger als einen Prozentpunkt unter dem entsprechenden Wert des japanischen Yen.  

Einziger Stolperstein bleibt die Tatsache, dass der Renminbi nicht frei konvertierbar ist, da die chinesische Regierung die Kapitalverkehrskontrollen erst noch beseitigen muss. In den letzten Jahren hat der IWF seine Haltung gegenüber diesen Kapitalverkehrskontrollen geändert und erkennt deren Nutzen unter bestimmten Voraussetzungen mittlerweile an. Und große Zentralbanken bewegten sich jüngst in Richtung der so genannten „makroprudenziellen Aufsicht“, die einer milden Form dieser Kapitalverkehrskontrollen gleichkommt.

Der US-Dollar hat heuer gegenüber fast allen Währungen aufgewertet, mit einer bemerkenswerten Ausnahme – nämlich gegenüber dem Renminbi. Das ist ein Beleg dafür, das sich China zwar langsam, aber stetig in Richtung eines marktdiktierten Wechselkurses bewegt – wobei es sich genau um jene Art von Beweis handelt, die Investoren veranlassen könnte, ihn als Weltreserve zu befürworten.

Die Logik hinter der Schaffung der SZR war durchaus vernünftig: Auf globaler Ebene benötigte man eine internationale Reservewährung, die den Welthandel abbildete. Die Umsetzung des Plans erfolgte jedoch mangelhaft. Der ursprüngliche SZR-Währungskorb war zu umfangreich und die aktuelle Version ist zu eng gefasst. Überdies ließ der Fokus auf Reserven in staatlichem Besitz den potenziellen Wert der SZR auf den privaten Märkten außer Acht. Diese Fehler gilt es nun zu beheben.

Wenn der IWF in Zeiten des rapiden ökonomischen Umbruchs seine Relevanz behalten soll, muss er Anpassungen vornehmen. Mit der Aufnahme des chinesischen Renminbi – und möglicherweise anderer Währungen von Schwellenländern – in den SZR-Korb würde man den Willen und die Fähigkeit zu dieser Anpassung unter Beweis stellen.

Aus dem Englischen von Helga Klinger-Groier

https://prosyn.org/QpuR5Xrde