stiglitz281_Alex WongGetty Images_janet yellen Alex Wong/Getty Images

Was Yellen tun muss

NEW YORK – Die Entscheidung des designierten US-Präsidenten Joe Biden, Janet Yellen zur nächsten Finanzministerin zu ernennen, ist eine gute Nachricht für Amerika und die Welt. Die USA haben vier Jahre unter einem verlogenen Präsidenten überlebt, der den Rechtsstaat, die die Demokratie und die Marktwirtschaft untermauernden Prinzipien und selbst grundlegendsten menschlichen Anstand weder kennt noch achtet. Nicht nur hat Donald Trump die Wochen seit der Präsidentschaftswahl damit zugebracht, Lügen über nicht existenten Wahlbetrug zu verbreiten; er hat zudem eine große Mehrheit seiner Partei überzeugt, sich diese Lügen zu eigen zu machen, und so die Zerbrechlichkeit der amerikanischen Demokratie aufgezeigt.

Den Schaden zu beheben wird nicht einfach, insbesondere weil die COVID-19-Pandemie Amerikas Probleme verschärft. Zum Glück ist niemand – intellektuell, von ihrer Erfahrung, ihren Werten und ihren zwischenmenschlichen Fähigkeiten her – geeigneter, den wirtschaftlichen Herausforderungen von heute zu begegnen als Yellen, die ich erstmals traf, als sie in den 1960er Jahren ein Graduiertenstudium an der Universität Yale absolvierte.

Ganz oben auf der Agenda wird die Erholung von der Pandemie stehen. Da inzwischen mehrere Impfstoffe in Sicht sind, besteht die unmittelbare Aufgabe darin, eine Brücke von hier zur Wirtschaft nach der Krise zu schlagen. Es ist zu spät für eine „V-förmige Erholung“. Viele Unternehmen sind bereits bankrott, und viele weitere werden in den kommenden Wochen und Monaten pleitegehen. Die Bilanzen der privaten Haushalte und der Unternehmen werden ausgehöhlt. Noch schlimmer ist, dass die Kennzahlen das ganze Ausmaß der Krise womöglich nur unzureichend wiederspiegeln. Die Pandemie hat jene am unteren Ende der Einkommens- und Vermögensskala massiv in Mitleidenschaft gezogen. Wer die politischen Regelungen zur Verhinderung von Zwangsräumungen und Zwangsvollstreckungen genutzt hat, gerät trotzdem immer tiefer in die Schuldenfalle und könnte bald ein böses Erwachen erleben.

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