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Russland oder der Westen: Wer gewinnt den Wirtschafts- und Finanzkrieg?

PARIS – Vor sechs Monaten stand der Westen vor einem Dilemma: Einen Erfolg des russischen Angriffs auf die Ukraine konnte er nicht zulassen, aber auch keine eigenen Truppen einsetzen, um gegen Präsident Wladimir Putins Invasionsarmee zu kämpfen. Also hat er den Widerstand der Ukraine mit Waffen unterstützt und einen eigenen Wirtschafts- und Finanzkrieg gegen Russland begonnen, um das Land massiv zu schwächen. Innerhalb weniger Tage haben die westlichen Mächte ein beispielloses Sanktionspaket verhängt – dessen „Shock-and-Awe“-Effekt den Kreml teuer zu stehen kommen und vielleicht sogar zur Aufgabe zwingen sollte.

Wie der Economistdokumentiert hat, bestehen die Sanktionen aus drei Elementen: Erstens gab es auffällige, aber triviale Maßnahmen wie Reiseverbote und die Beschlagnahme von Jachten und Villen russischer Oligarchen. Zweitens wurden außerordentliche finanzielle Strafmaßnahmen verhängt: Insbesondere wurden die Reserven der russischen Zentralbank eingefroren und ausgewählte russische Geschäftsbanken vom SWIFT-Bankenkommunikationssystem ausgeschlossen. Und drittens trat ein umfassendes Verbot von Technologieexporten nach Russland in Kraft –und westliche multinationale Konzerne wurden unter Druck gesetzt, sich aus dem russischen Markt zurückzuziehen.

Völlig neu waren an diesen Sanktionen die finanziellen Strafmaßnahmen: Seit dem Zweiten Weltkrieg sind solche Maßnahmen nur sehr selten verhängt worden – und wenn, dann gegen relativ unbedeutende Finanzakteure wie den Iran und Venezuela. Auf keine der westlichen Konfrontationen mit der Sowjetunion wurde je derart reagiert. Und sogar nachdem Nazideutschland 1940 einen großen Teil Europas besetzt hatte, dauerte es noch über ein Jahr, bis die deutschen Vermögenswerte in den Vereinigten Staaten eingefroren wurden. Aber als Russland im Februar die Ukraine angriff, reagierte der Westen innerhalb weniger Tage.

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