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Der potemkinsche Putin

WASHINGTON, DC – Seit Wladimir Putin 2000 an die Macht kam, hat Russland mehrere Wellen öffentlicher Unruhen erlebt. 2005 protestierten ältere Bürger gegen eine Rentenreform, und 2011-2012 demonstrierten Tausende Moskauer gegen eine offensichtlich betrügerische Wahl, mit der Putin nach einer kurzen Amtszeit als Premierminister zur Präsidentschaft zurückkehrte. Bei all diesen Gelegenheiten hat sich Putin politisch kugelsicher gezeigt.

Jetzt aber rollt eine neue Welle von Protesten durch das Land, und es gibt gute Gründe dafür, dass es dieses Mal anders laufen könnte. Gegenüber der öffentlichen Meinung wurde Putin immer repressiver und unempfindlicher. Abgeschieden in isolierten Palästen wurde er, was Oppositionsführer Alexei Nawalny einen „Großvater in seinem Bunker“ nannte. Obwohl der Kreml letztes Jahr einen Mordanschlag auf ihn ausgeübt hat, veröffentlichte Nawalny kürzlich eine vernichtende Dokumentation, laut derer Putin seine illegalen Einkünfte in den Bau eines massiven geheimen Palastes am Schwarzen Meer gesteckt hat.

Putins nächster großer politischer Test wird bei den russischen Parlamentswahlen zur staatlichen Duma im September stattfinden. Er wird nichts Bedeutendes haben, was er den russischen Bürgern anbieten kann. Nachdem er während seiner ersten beiden Amtszeiten (2000-2008) ein robustes Wirtschaftswachstum von etwa 7% jährlich vorweisen konnte, regiert er heute über eine stagnierende Volkswirtschaft. Seit seinem Höchstwert von 2,3 Billionen Dollar im Jahr 2013 ist das russische BIP um mehr als ein Drittel auf 1,5 Billionen Dollar gefallen. Innerhalb von nur vier Jahren (2014-2017) sank der Lebensstandard des Landes um 12,4%. Und nachdem er 2018-2019 gleich blieb, ging er 2020 erneut zurück.

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