fischer195_ROBERTO SCHMIDTAFP via Getty Images_end of pax americana ROBERTO SCHMIDT/AFP via Getty Images

Die Zeitgeschichte überschlägt sich

Ich kann mich an keine Zeit während der vergangenen fünfundsiebzig Jahre erinnern, in der es zu einer der heutigen Lage entsprechenden Kumulation großer und kleiner Krisen gekommen ist, wie wir sie gerade jetzt  erleben. Von der Klimakrise, der Pandemie, kaum noch für möglich gehaltenen große Kriege, Inflation, Unterbrechungen des Welthandels und der Lieferketten, Gefährdung der Welternährung und die Energiekrise. Diese sich häufenden Turbulenzen gehen nur allzu oft auf die erneute Rivalität der globalen Großmächte zurück.

Die Rückkehr der Herrschaft globaler Großmächte hat sicht- und spürbar chaotische Folgen bis hin zur offenen militärischen Aggression und der Rückkehr großer Kriege, wie derjenige Russlands in der Ukraine. Man Muss nun keineswegs ein Untergangsprophet sein, um zu prognostizieren, dass es wohl leider nicht bei dem Krieg in der Ukraine und Europa bleiben wird. In Ostasien droht der Konflikt um Taiwan  ebenfalls militärisch zu eskalieren. Und im Nahen und Mittleren Osten besteht die Gefahr, dass das iranische Atomprogramm perspektivisch einen großen militärischen Konflikt auslöst.

Woher kommt dieser manifeste globale Ordnungsverlust? Es sind dies die Folgen der Ablösung einer über siebzig Jahre die Welt bestimmenden globalen Ordnung namens Pax Americana. Die USA sind als Sieger aus den beiden Weltkriegen des zwanzigsten Jahrhunderts hervorgegangen, haben auch den sich daran anschließenden Kalten Krieg gewonnen und waren der entscheidende Garant für das Wiedererstehen eines völlig zerstörten Europas und damit des transatlantischen Westens. Es war auch die Zeit der Dekolonisierung gewesen und die Jahrzehnte der Herausbildung des Multilateralismus und des Völkerrechts unter dem Dach der Vereinten Nationen und geschützt durch diese Pax Americana.

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