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Kim Jong-uns Moneyball-Strategie

ATLANTA – Als der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe in dieser Woche den US-Präsidenten Donald Trump empfing, gab es mehr Pomp als Politik. Die einzige Ausnahme war dabei die Strategie gegen Nordkorea, das kürzlich an seiner Ostküste weitere Kurzstreckenraketen testete. Nachdem Trumps Denuklearisierungsgespräche mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un ins Stocken geraten sind, legt Abe sichtlich Wert darauf, Japan und die Vereinigten Staaten auf der gleichen Wellenlänge zu halten. Aber bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag nahm Trump die Sorgen über die letzten Tests nicht ernst – und brüskierte damit nicht nur Abe, sondern stellte sich auch gegen seine eigenen Berater.

Abe hat guten Grund zu der Sorge, Kim könnte sich einen wichtigen diplomatischen Vorteil verschaffen. Auch wenn sich Kim angesichts der nordkoreanischen Wirtschaftsschwäche und Lebensmittelknappheit mit Trump verbrüdert hat, konnte er die wirtschaftlichen Sanktionen gegen sein Land nicht erleichtern. Aber jetzt hat er sein Verhandlerteam neu aufgestellt und mit staatsmännischer Pose angeboten, sollten die Bedingungen stimmen, Trump ein weiteres Mal zu treffen.

Gleichzeitig hat Kim seine Position für weitere Verhandlungen nicht zuletzt dadurch gestärkt, dass er seine Kontakte zu China und Russland verbessert hat. Solche Ouvertüren des nordkoreanischen Regimes sind sicherlich nicht neu, aber ungewöhnlich. Als Sprössling einer Dynastie, die seit siebzig Jahren streng über die Unabhängigkeit des Nordens wacht, betrachtet Kim, ebenso wie sein Großvater, der Staatsgründer Kim Il-sung, die nationale Unabhängigkeit als sakrosankt. Selbst zu China und Russland, den traditionellen Verbündeten des Kim-Regimes, hielten Kims Großvater und sein Vater Kim Jong-il immer eine gewisse Distanz. Oft gelang es ihnen dabei, die beiden Mächte gegeneinander auszuspielen. Kim hingegen tut sich mit beiden zusammen, um das geopolitische Spielfeld zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

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