palacio97_SimonaGranatiCorbisGettyImages_vonderleyeneuflag Simona Granati/Corbis/Getty Images

Der fehlgeleitete Ehrgeiz des Europäischen Parlaments

MADRID – In Momenten des politischen Übergangs haben erste Signale eine große Bedeutung, weil sie den Ton für den nachfolgenden Prozess vorgeben. Und angesichts der Amtsübernahme durch eine neue Führung in den zentralen Institutionen der Europäischen Union sind die ersten Anzeichen – insbesondere jene, die vom Europäischen Parlament ausgehen – nicht gerade vielversprechend.

Die EU durchläuft diesen Nachfolgeprozess zu einer Zeit, in der sie vor allgemein bekannten internen und externen Herausforderungen steht: Der demografische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Druck ist enorm, und Europa gleicht eher einem geopolitischen Schachbrett, auf dem die Weltmächte ihr Spiel spielen, als einem Spieler eigenen Rechts. Und doch scheint sich die EU in einer Zeit, in der sie unbedingt in der Lage sein muss, wirksam zu handeln, und in starkem Maße einer realistischen, aber zukunftsorientierten Vision bedarf, lediglich mit weiterem politischen Gerangel zu befassen. Im Mittelpunkt steht dabei das Europäische Parlament.

Dies ist die Botschaft des Bestätigungsverfahrens für die neue Präsidentin der Europäischen Kommission – einem Prozess, der Anfang Juli begann, als der Europäische Rat Ursula von der Leyen für das Amt nominierte. Von der Leyen war eine Kompromisskandidatin der EU-Mitgliedstaaten, die sowohl für die mächtigsten Länder als auch die traditionellen Blockierer akzeptabel war. Zu ihren zahlreichen Stärken gehört zuletzt ihr tiefgreifendes Verständnis europäischer Ansätze im Bereich der Verteidigung und Sicherheit, ein Thema, das im Rahmen des kommenden EU-Mandats eine zentrale Rolle einnehmen wird. Sie hat zudem ihre Fähigkeit unter Beweis gestellt, sich auch in schwierigen politischen Wassern zurechtzufinden. Doch dem Europäischen Parlament war von der Leyens Nominierung nicht willkommen, weil ihr Name nicht auf der zuvor verkündeten Kandidatenliste des Parlaments stand.

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