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Die Wurzeln des EU-Impfdebakels

BRÜSSEL – Was COVID-19-Impfungen angeht, so hinkt Europa anderen Regionen weit hinterher. So weit, dass weniger als 15% der EU-Bevölkerung inzwischen mindestens eine Impfdosis erhalten haben, verglichen mit 31% in den USA und 45% in Großbritannien. Das Versagen der EU ist derart profund, dass die gewöhnlich milde Weltgesundheitsorganisation sich jüngst bemüßigt fühlte, das Offensichtliche auszusprechen: Die langsame Impfstoffeinführung wird die Pandemie verlängern – mit hohen menschlichen und wirtschaftlichen Kosten.

Im März 2020 schien die EU auf dem richtigen Weg zu sein. Angesichts der sich verschärfenden Pandemie wurde vereinbart, dass die Europäische Kommission im Namen der Mitgliedstaaten Abnahmeverträge für ein Portfolio von Impfstoffkandidaten schließen sollte. Auf diese Weise stünden den Europäern, wenn ein derartiger Impfstoff sich als sicher und wirksam erwies, ausreichend Dosen zur Verfügung.

Ende letzten Jahres verkündete die Kommission stolz, dass sie Verträge über mehr als zwei Milliarden Impfdosen abgeschlossen habe – mehr als genug für die gesamte EU-Bevölkerung (etwa 440 Millionen Menschen). Mit Ankunft des Impfstoffes würde dieser auf Pro-Kopf-Basis verteilt werden, um ungebührliche Spannungen zu vermeiden, wie sie in den Anfangsmonaten der Pandemie aufgetreten waren, als ein Wettlauf um knappe persönliche Schutzausrüstung einen Konkurrenzkampf zwischen den Mitgliedstaaten auslöste.

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