buruma152_Mark LeechGetty Images_footballhooligansriot Mark Leech/Getty Images

Der Hooligan-Geist

NEW YORK – Der verstorbene Alan Clark, ein vor allem für seine Frauengeschichten und rechtsextremen Ansichten bekannter britischer Politiker der Thatcher-Ära, beklagte mir gegenüber einst den Niedergang jenes britischen Kampfgeistes, der Großreiche errichtet und Kriege gewonnen habe. Halb im Spaß gab ich zurück, dass diese aggressive Veranlagung bei den Stadien und ausländische Städte verwüstenden britischen Fußball-Hooligans noch immer zu beobachten sei. Er antwortete mit verträumtem Blick, dies sei in der Tat etwas, das man womöglich „nutzbringend anzapfen“ könne.

Was damals als leichte Unverschämtheit erschien, ist inzwischen traurige Realität, denn der Hooligan-Geist wird derzeit tatsächlich angezapft. Der Rechtsterrorismus im Vereinigten Königreich nimmt zu, während die islamistische Gewalt (zumindest für den Moment) abnimmt. Britische Politiker, die sich gegen einen vertragslosen Austritt aus der Europäischen Union stellen, erhalten Morddrohungen – oder Schlimmeres. Jo Cox, eine Labour-Abgeordnete und engagierte Brexitgegnerin, wurde 2016 von einem Mann ermordet, der „Britain First!“ schrie, während er sie anschoss und wiederholt auf sie einstach.

Großbritannien steht damit durchaus nicht allein. In den USA haben rechtsextreme Gruppen in Städten wie Charlottesville und Pittsburgh, begleitet von Schlachtrufen wie „Die Juden werden uns nicht verdrängen“ (wobei mit „uns“ die weiße, christliche Bevölkerung gemeint war), Verheerungen angerichtet. Der autokratische brasilianische Präsident Jair Bolsonaro singt offen Loblieder auf die Folter. Selbst in Deutschland ist, insbesondere auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, der gewalttätige Extremismus auf dem Vormarsch. In Indien zeigt Ministerpräsident Narendra Modi bestenfalls Gleichgültigkeit gegenüber häufig gegen Muslime gerichteten politischen Gewalttaten extremistischer Hindus.

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