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Chinas autokratisches Regime in der Krise

NEW YORK – Es ist noch gar nicht lange her, da pries der chinesische Präsident Xi Jinping seine Null-Covid-Politik als Beweis dafür, dass autoritäre Einparteienstaaten wie China besser mit Pandemien (oder jeder anderer Krise) fertig werden als chaotische Demokratien mit ihren selbstsüchtigen Politikern und wankelmütigen Wählern.

Im Jahr 2020, als hunderttausende Amerikaner starben und der damalige US-Präsident Donald Trump im Kampf gegen Covid auf ein Malariamedikament und Injektionen mit Bleichmittel setzte, klang das für viele wahrscheinlich recht plausibel. Zur gleichen Zeit setzte Xi strenge Pandemiebeschränkungen durch, die fast das gesamte Land zum Stillstand brachten, viele Menschen in Isolationslager zwangen und darauf bestanden, dass chinesische Bürger auf Auslandsreisen Chemikalienschutzanzüge tragen wie Arbeiter in einem gigantischen Giftlabor. Für eine Weile schienen diese strengen Regeln die Coronatodesfälle im Vergleich zu den meisten anderen Ländern auf ein Minimum zu beschränken (obwohl die von der chinesischen Regierung veröffentlichten Zahlen notorisch unzuverlässig sind).

Die hohen wirtschaftlichen Kosten der chinesischen Null-Covid-Strategie belasteten die Menschen allerdings so extrem, dass einige sich schließlich unter großem persönlichen Risiko auf die Straße wagten. Aber selbst dann behauptete Xi weiterhin, die herrschende Kommunistische Partei führe eine „Krieg der Menschen“ gegen das Virus und werde weiterhin alles tun, um Leben zu retten. Ende letzten Jahres jedoch, als in vielen chinesischen Städten die Proteste geradezu explodierten, war dieser Krieg plötzlich vorbei. Keine Lockdowns mehr, keine Schutzanzüge, nicht einmal mehr gewöhnliche PCR-Tests. Nach den beispiellosen Protesten des letzten Jahres hat China das Coronavirus nun anscheinend als harmlos eingestuft.

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