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Seriöse Investoren finanzieren Umweltverbrechen

AMSTERDAM – Die Straftaten mit dem höchsten Profit weltweit sind nicht die Verbrechen, an die viele denken. Es sind illegales Fischen und Roden oder der illegale Handel mit Abfällen oder Wildtieren. Und der Finanzsektor macht mit diesen Angriffen auf die natürliche Umwelt, von der wir abhängen, enorme Gewinne.

Die Schäden durch Umweltverbrechen sind kaum zu überschätzen. Diese Delikte zerstören Ökosysteme und dezimieren Naturgüter, sie vernichten Existenzen, untergraben Regierungen und mindern unsere Chance, den Klimawandel zu bekämpfen.

Laut einem neuen Bericht der Initiative „Finance for Biodiversity“ (F4B) erzeugen sie jährlich bis zu 280 Mrd. US-Dollar Gewinn und mindern die Steuereinnahmen um 30 Mrd. US-Dollar im Jahr, wobei arme, ökologisch wertvolle Länder am meisten verlieren. Finanzinstitute halten dieses System – oft unbeabsichtigt – aufrecht, indem sie in Unternehmen investieren, die von diesen Straftaten profitieren. Über die dabei erzielten Gewinne waschen sie im Grunde die Erlöse von Umweltverbrechen.

Eigentlich sollen Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche verhindern, dass mit Straftaten erzielte Gewinne legalisiert werden. So haben beispielsweise verschärfte Vorschriften und eine bessere Durchsetzung in den letzten Jahren die Terrorismusfinanzierung erschwert. Diese Anstrengungen werden aber durch fehlende Informationen und technologische Mängel behindert und die Behörden haben Mühe, mit den immer raffinierteren Verfahren Schritt zu halten, mit denen die Herkunft von Geldern verschleiert wird.

Besonders schwach sind die Waffen zur Geldwäschebekämpfung im Bereich der Umweltkriminalität. Zwar hat die Financial Action Task Force, die internationale Institution, die für die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständig ist, ihr Profil in diesem Bereich gestärkt. Wirksame Maßnahmen waren bisher jedoch vor allem auf den illegalen Handel mit Wildtieren beschränkt, der zwar tausende von Arten und Millionen Menschen betrifft, jedoch nur einen kleinen Teil des Problems darstellt.

Aber selbst, wenn diese Vorschriften auf mehr ökologische Verbrechen angewandt würden, wäre das nicht genug. Wie der F4B-Bericht zeigt, müssten die Geldwäschevorschriften auch auf die Erträge angewendet werden, die mit Investitionen in Umweltkriminalität erzielt werden.

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Finanzinstitute, Rentenfonds und andere Investoren bieten den Tätern nicht nur Kanäle, über die sie ihre Profite waschen können. Sie investieren auch in Lebensmittel, Holzerzeugnisse, Infrastruktur und andere von der Natur abhängige Sektoren, deren Wirtschaftlichkeit durch Umweltverbrechen erhöht werden kann. Ein Beispiel: Durch illegale Abholzung stehen mehr Flächen für die Landwirtschaft zur Verfügung, die Kosten sinken und Erträge und Qualität steigen. Im Ergebnis erzielen Unternehmen höhere Gewinne – und ihre Investoren eine höhere Rendite. Diese Investitionen sind technisch gesehen vielleicht legal, die Erträge stammen aber zum Teil aus kriminellen Aktivitäten, d. h. sie sind illegale Erlöse, die entsprechend reguliert werden müssen.

Theoretisch haben Finanzinstitute bereits einen Anreiz, keine Unternehmen zu finanzieren, die von Umweltkriminalität profitieren. Diese Firmen sind für Investoren riskant, weil die Gefahr besteht, dass sie Geldstrafen zahlen müssen oder sogar gezwungen werden, bestimmte Geschäftsbereiche einzustellen. Die Risiken sind aber zu gering, um Investoren tatsächlich abzuschrecken; in den meisten Fällen wird Umweltrecht kaum durchgesetzt und wenn überhaupt Geldstrafen verhängt werden, sind sie in der Regel niedrig.

Wenn Kreditrisiken Investoren nicht abschrecken, tun das aber vielleicht die wachsenden Reputationsrisiken. Wenn immer ausgefeiltere datengestützte Öffentlichkeitskampagnen Investitionen mit konkreten Umweltdelikten in Verbindung bringen, erhöht sich für Finanzinstitute das Risiko, wegen ihrer destruktiver Investitionen an den Pranger gestellt zu werden.

Dabei hilft es, dass in wichtigen Rechtsräumen, zu denen auch die Europäische Union und das Vereinigte Königreich gehören, bald neue unternehmerische Sorgfaltspflichten im Bereich Umweltschutz in Kraft treten – zunächst in Bezug auf Abholzung. In Brasilien, wo die grassierende Umweltkriminalität schwere globale Folgen hat, hat die Zentralbank bereits soziale, ökologische und Klimafaktoren in die Regulierung des Finanzsektors integriert.

Und je öfter diese Verbindungen offen gelegt werden, umso häufiger werden Unternehmen wegen Umweltdelikten im öffentlichen Interesse verklagt. Es gab bereits einige erfolgreiche Klimaklagen, die der langen Geschichte von Klagen gegen Unternehmen, die von illegalen Aktivitäten in ihrer Wertschöpfungsketten profitieren, ein neues Kapitel hinzufügen.

Das bedeutet aber nicht, dass die Regierungen nicht noch entschiedener handeln müssen, angefangen bei der breiteren Anwendung und härteren Durchsetzung der Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung. Leider gibt es auf diesem Weg noch viele Hindernisse, nicht zuletzt die Schwierigkeiten, illegale Finanzströme in Verbindung mit Umweltkriminalität zu erkennen, insbesondere wenn sie mit sauberen Finanzströmen vermischt sind.

Außerdem hängt die Durchsetzung hängt außerdem von nationalen Regulierungsbehörden und deren sehr unterschiedlichen Ressourcen und Fähigkeiten ab. Oft stehen sie unter dem Druck, keine Auflagen einzuführen, die ihr Land für Finanzinstitute unattraktiver machen oder sich kurzfristig negativ auf Existenzen und Gemeinschaften auswirken.

Sammelklagen könnten dazu beitragen, diese Hindernisse zu überwinden, dauern aber sehr lange und führen zu konservativen Ergebnissen. Deshalb empfiehlt F4B die Entwicklung gezielter Mechanismen nach dem Vorbild anderer Initiativen, die dazu gedacht sind, Lieferketten von Sklaverei, Korruption und anderen Problemen zu befreien. So hat der Kimberley-Prozess, eine internationale Initiative, mit der viele unterschiedliche Akteure gemeinsam die Transparenz im Diamantenhandel verbessern, den Handel mit Blutdiamanten deutlich eingeschränkt.

Die Finanzwelt würde gut daran tun, diesem Beispiel zu folgen. Wenn viele Finanzakteure einen gemeinsamen Prozess anstoßen und sich ernsthaft bemühen, ihr Anlageportfolio von Verbindungen zur Umweltkriminalität zu säubern, könnten sie ihre rechtlichen und Reputationsrisiken mindern und zu einer besser durchdachten Regulierung beitragen. Finanzinstitute haben meist gar nicht die Absicht, Umweltkriminalität zu unterstützen, von ihr zu profitieren und sie damit letztlich aufrecht zu erhalten. Beim Schutz von Mensch und Umwelt zählen aber nicht Worte, sondern Taten.

https://prosyn.org/Zkab4EHde